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ITW, Bundesförderprogramm und Tierschutznutztierhaltungsverordnung – die Haltungsvorgaben für Ferkelerzeuger einfach erklärt

Stand: August 2025

  • Dr. Maren Gerlach, Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen
  • Marie Lüke, Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen
  • Ulricht Hartmann, Landwirtschaftskammer Nordrhein

Die Novelle der Tierschutznutztierhaltungsverordnung im Jahr 2021 mit unterschiedlichen Umsetzungsfristen, die neuen Kriterien für die Initiative Tierwohl 2024 und das zusätzliche Bundesförderprogramm zum Umbau der Tierhaltung (BUT) bringen viele neue Vorschriften und Kriterien für die Ferkelerzeugung mit. Dieser Artikel vergleicht die verschiedenen Vorgaben miteinander und bietet eine schnelle Übersicht für Ferkelerzeuger.

Bundesprogramm Umbau der Tierhaltung

Das Bundesministerium für Landwirtschaft, Ernährung und Heimat (BMLEH) hat 2024 ein Förderprogramm zum Umbau der Tierhaltung (BUT) aufgelegt. Grundsätzlich wird bei dem Bundesprogramm Umbau der Tierhaltung zwischen der investiven Förderung und der Förderung der laufenden Mehrkosten für Stallanlagen in der Schweinehaltung unterschieden. Es sind zwei verschiedene Förderprogramme, die auch getrennt voneinander beantragt werden müssen. Während Betriebe, die nach Kriterien eines anerkannten Bio-Verbandes zum Beispiel die Anforderungen des Förderprogrammes laufende Mehrkosten bereits erfüllen, können die meisten konventionellen diese Kriterien erst erfüllen, wenn die Stallungen zum Beispiel durch Inanspruchnahme der investiven Förderung umgebaut oder neugebaut wurden.  Das Förderprogramm fördert Stallumbauten- oder Neubauten, sofern es sich um Außenklimaställe, Ställe mit Auslauf oder Freilandhaltungen handelt für alle Altersstufen in der Ferkelerzeugung, Aufzucht und Mast. Voraussetzung für die Förderung sind ist die Erfüllung sogenannter „Premiumanforderungen“ z.B. planbefestigter Liegebereich und Raufen für Raufutter.

Die Premiumanforderungen für beide Programmteile sind weitgehend deckungsgleich, bei der Förderung der laufenden Mehrkosten kommen zusätzliche Managementanforderungen dazu.

Informationen zum Bundesprogramm

Initiative Tierwohl

Die Initiative Tierwohl ist ein Förderprogramm, Kontrollsystem und Siegelherausgeber für die Haltungsformen und besteht seit 2015 aus einem Zusammenschluss von Landwirtschaft, Fleischwirtschaft und Lebensmitteleinzelhandel. Ziel ist es, Tierhalter für Maßnahmen, die über den gesetzlichen Standard hinausgehen, finanziell zu unterstützen und deren Umsetzung zu kontrollieren.

Weitere Informationen

Tabelle 1: Platzvorgaben in der Sauen- und Eberhaltung
  Bis 5 Tiere6 bis 39 Tiere40 oder mehr Tiere
SauTierSchNutztV2,50 m²2,25 m²2,05 m²
Sau

ITW      

(10% mehr Platz)
2,75 m²2,48 m²2,26 m²
Sau

Förderprogramm

(20% mehr Platz) Außenklimareiz
3,00 m²2,70 m²2,46 m²
JungsauTierSchNutztV1,85 m²1,65 m²1,50 m²
Jungsau

ITW

(10% mehr Platz)
2,04 m²1,82 m²1,65 m²
Jungsau

Förderprogramm

(20% mehr Platz)

Außenklimareiz
2,22 m²1,98 m²1,80 m²
Eber

TierschutzNutztV

6,00 m²  
Eber

ITW

(10% mehr Platz)
6,60 m²  
Eber

Förderprogramm

(20% mehr Platz, Außenklimareiz)
7,20 m²  

 

Abferkelbuchten

In der Tierschutznutztierhaltungsverordnung (TierSchNutztV) werden seit dem Inkrafttreten 2021 Bewegungsbuchten ("Abferkelbuchten, in der sich Sau und Jungsau bei Einzelhaltung frei bewegen können") im Abferkelstall gefordert. Für die Umsetzung der gesetzlichen Vorschriften gibt es jedoch Übergangsfristen, die Abferkelbuchten müssen bis spätestens zum 09.02.2036 umgebaut sein. Bis zum 2033 müssen die Tierhalter ein Umbaukonzept vorlegen und einen Bauantrag stellen. Diese Übergangsfristen gelten nur für Ställe, die vor dem Jahr 2021 genehmigt oder in Betrieb genommen worden sind.

Sowohl die gesetzlichen Vorschriften als auch die Vorschriften des Förderprogramms BUT fordern das Halten der abferkelnden Sauen in Bewegungsbuchten von mindestens 6,5 m². Eine Fixierung ist längstens fünf Tage um die Geburt herum erlaubt. Die Vorgaben der Initiative Tierwohl beschränken sich auf die gesetzlichen Vorschriften.

Tabelle 2: Vorgaben für die Abferkelbuchten
 TierSchNutztVITWFörderprogramm Umbau der Tierhaltung
Platzbedarf6,50 m²6,50 m²6,50 m²; Bei freier Abferkelung mind. 7,50 m² freie Bewegungsfläche für die Sau
TränkeTränken für Sau und Ferkel ab dem 1. Lebenstag Saufen aus offener Fläche mittels Becken- oder Schalentränke
NestbaumaterialAusreichend Stroh oder anderes Nestbaumaterial 1 Woche vor dem Abferkeltermin

Ausreichend Stroh oder anderes Nestbaumaterial 1 Woche vor dem Abferkeltermin

Ausreichend Stroh oder anderes Nestbaumaterial 1 Woche vor dem Abferkeltermin
Ferkelnest 
  • 30°C in den ersten 10 Lebenstagen der Ferkel
  • Beheizbar und wärmegedämmt oder eingestreut, kein perforierter Boden
  • Gleichzeitiges ungestörtes Ruhen;

Platzanforderung nach folgender Formel:

  • 0,033 * durchschnittliches Absetzgewicht 0,66 * durchschnittliche Wurfgröße  ⇒ Je nach Wurfgröße und Absetzgewicht: 1,5-2m²
 
 
  • 30°C in den ersten 10 Lebenstagen der Ferkel
  • Beheizbar und wärmegedämmt oder eingestreut, kein perforierter Boden;
  • Gleichzeitiges ungestörtes Ruhen

Platzanforderung nach folgender Formel:

  • 0,033 * durchschnittliches Absetzgewicht 0,66 * durchschnittliche Wurfgröße  ⇒ Je nach Wurfgröße und Absetzgewicht: 1,5-2m²
 
 
  • 30°C in den ersten 10 Lebenstagen der Ferkel
  • Beheizbar und wärmegedämmt oder eingestreut, kein perforierter Boden
  • Gleichzeitiges ungestörtes Ruhen

Platzanforderung nach folgender Formel:

  • 0,033 * durchschnittliches Absetzgewicht 0,66 * durchschnittliche Wurfgröße  ⇒ Je nach Wurfgröße und Absetzgewicht: 1,5-2m²
 
Liegebereich Sau 
  • Ungehindertes Umdrehen
  • Genügend Bewegungsfreiheit für Abferkeln + Geburtshilfe
  • Schutzvorrichtungen gegen das Erdrücken von Saugferkeln
 
  
  • Teil der Liegefläche als Komfortliegebereich z.B. Gummimatte (auch bei Stroheinstreu)
 

 

Deckzentrum und Wartestall

Im Deckzentrum stehen bereits im Jahr 2029 große Veränderungen an. Sauen dürfen nicht mehr in Einzelhaltung gehalten werden, sondern abgesetzte Sauen müssen in Gruppenhaltung mit einem Platzangebot von 5m² je Sau aufgestallt werden. Das Deckzentrum soll den Sauen eine ausreichende Bewegungsfreiheit in der Gruppenhaltung kombiniert mit Rückzugsmöglichkeiten bieten. Fress-Liege-Buchten allein erfüllen diese Anforderung nicht. Für die Rauschekontrolle und die Besamung ist eine kurzzeitige Fixierung möglich.

Für Ställe, die vor dem Jahr 2021 genehmigt oder in Betrieb genommen worden sind gelten für den Umbau des Deckzentrums folgende Fristen: Bis zum 09.02.2024 musste bereits ein Umbaukonzept vorgelegt sein, bis zum 09.02.2026 muss bei der zuständigen Behörde ein Bauantrag gestellt werden. Spätestens zum 09.02.2029 muss das Deckzentrum endgültig umgebaut sein.

Tabelle 3: Vorgaben für Deckzentrum und Wartestall
 

TierSchNutztV

(Ausnahme: Betriebe mit weniger als 10 Sauen)

ITWFörderprogramm Umbau der Tierhaltung

Platzbedarf im Deckzentrum

(Zeitraum ab dem Absetzen bis zur Besamung)

 
  • 5m²/ Sau, davon 1,3m² Liegebereich
  • Seitenlänge der Bucht mind. 240 cm (bis 5 Schweine) bzw. 280 cm (sechs Schweine oder mehr)
 
Wie TierSchNutztVWie TierSchNutztV
Außenklimareiz  Außenklimareiz
Fressliegebuchten 
  • Jederzeit selbstständiges Aufsuchen und Verlassen der Buchten möglich

Gangbreite hinter den Buchten:

  • 160cm bei einseitiger Buchtenanordnung
  • 200cm bei beidseitiger Buchtenanordnung
 

 

 
  • Jederzeit selbstständiges Aufsuchen und Verlassen der Buchten möglich

Gangbreite hinter den Fress-Liege-Buchten:

  • 350cm
 
Liegebereich 
  • 0,95 m²/ Jungsau bzw. 1,3 m²/ Sau (max. 15% Perforation)
  • Keine nachteilige Beeinflussung durch zu hohe oder zu geringe Wärmeableitung
 

 

 
  • planbefestigt mit ausreichend geeigneter Einstreu oder Tiefstreu oder Komfortliegefläche (z.B. Gummimatte)
 
Tränken 
  • 1 Tränke pro 12 Schweine, räumlich getrennt von der Futterstelle
 
  
  • Zusätzlicher Zugang zu offenen Tränkeflächen (Schalen- oder Beckentränken), 1 Tränke pro 12 Schweine
 

Management

Bei den Managementmaßnahmen gibt es große Unterschiede zwischen den verschiedenen Förderprogrammen und Zertifizierungen. Die Tierschutznutztierhaltungs-VO fordert einen Zugang zu gesundheitlich, unbedenklichen, faserreichen und organischen Beschäftigungsmaterial. ITW und das BUT fordern darüber hinaus noch zusätzliches Beschäftigungsmaterial.

Der Betriebsleiter soll sein Wissen über die Schweinehaltung jährlich durch eine Fortbildung erweitern. Dazu kann unter anderem auch eine Veranstaltung des Netzwerk Fokus Tierwohl genutzt werden.

Zum Veranstaltungskalender des Netzwerks Fokus Tierwohl

Die Tiergesundheit im Bestand muss regelmäßig dokumentiert und ausgewertet werden. Das kann z.B. durch die Teilnahme am QS-Prüfsystem gewährleistet werden.

Informationen zum QS-Prüfsystem

Eine Besonderheit des Förderprogramms Umbau Tierhaltung ist der Kupierverzicht, das heißt, dass mindestens 70% der Schweine bei der Schlachtung einen intakten, unkupierten Langschwanz aufweisen müssen.

Tabelle 4: Vorgaben für weitere Managementmaßnahmen
 

TierSchNutztV

(Ausnahme: Betriebe mit weniger als 10 Sauen)

ITWFörderprogramm Umbau der Tierhaltung

Raufutter/ Beschäftigungsmaterial

 
  • jederzeit Zugang zu gesundheitlich unbedenklichen, faserreichen und organischen Beschäftigungsmaterial
 
 
  • Zugang zu rohfaserreichem, strukturreichem Raufutter (zusätzlich zum Futter und gesetzlich geforderten Beschäftigungsmaterial)
  • bei eingestreuten Ställen ist kein zusätzliches Raufutter notwendig
  • Vorgaben zu Größe und Tierzahl
 
 
  • Organisches Beschäftigungsmaterial zusätzlich zur Einstreu
 
Tageslicht 
  • 3% der Stallgrundfläche als Tageslichtfläche bei Ställen ab dem 4.8.2006
  • Ausnahme: 1,5%, wenn es bautechnisch nicht anders lösbar ist
 
 
  • wie TierSchNutztV
 
 
  • 3% Tageslichtfläche der Stallgrundfläche
 
Fortbildung

 

 
  • 1x jährlich, fachspezifisch
 
 
  • (nur laufende Mehrkosten)
  • 8h jährlich zur tiergerechten Schweinehaltung
 
Bestandsbetreuung & Dokumentation

 

Basiskriterien:

  • Tierhaltung
  • Hygiene
  • Tiergesundheit (QS Leitfaden)
  • Antibiotikamonitoring
  • Gesundheitsplan
  • Stallklimacheck
  • Tränkewassercheck
 
 
  • (nur laufende Mehrkosten)
  • Teilnahme an System zur Erhebung, Dokumentation und Auswertung von Merkmalen der Tiergesundheit
 
Langschwanz

TierSchG:

Das Kupieren der Schwänze ist grundsätzlich verboten, wenn der Eingriff im Einzelfall für den Schutz des Tieres oder anderer Tiere unerlässlich ist, gibt es Ausnahmen

⇒ Aktionsplan Kupierverzicht
  
  • (nur laufende Mehrkosten)
  • mit Übergangszeiträumen müssen 70% der Ferkel einen intakten, unkupierten Ringelschwanz aufweisen bis sie den Betrieb verlassen; keine kupierten Ferkel oder Mastschweine im Betrieb
 
Behandlung   
  • (nur laufende Mehrkosten)
  • Keine Hormone zu zootechnischen Zwecken
 
Kastration   
  • (nur laufende Mehrkosten)
  • Einhaltung der Kastrationsvorgaben
 
Mitgliedschaft  
  • QS
 
 
  • Organisation oder Kontrollsystem (ITW = Kontrollsystem)
 

Fazit

Die Vorgaben für die Tierschutznutztierhaltungs-Verordnung und die Vorgaben für die Initiative Tierwohl decken sich weitgehend. Die ITW fordert zusätzlich ein höheres Platzangebot bei der Wartesauenhaltung, Beschäftigungsmaterial und Managementmaßnahmen wie Lüftungs- und Tränkewassercheck und regelmäßige Fortbildungen. Um an dem Förderprogramm Umbau der Tierhaltung teilnehmen zu können, ist ein größerer Aufwand im Stallbau und Management erforderlich.

Falls Sie sich für einen Stallumbau oder Neubau entscheiden, ist es immer hilfreich, einen Berater hinzuzuziehen, um finanzielle und bauliche Möglichkeiten auszuloten.