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  • Uwe Beißwenger, Landeskontrollverband Baden-Württemberg
  • Lambert Grosse, VzF GmbH
  • Ulrich Kühnlein, Beratungsdienst Rindermast Baden-Württemberg
  • Martin Mayr, AELF Töging am Inn
  • Stefan Müller, KälberKontorSüd GmbH
  • Niedersächsische Landesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit
  • Dr. Georg Teepker, Landwirtschaftskammer Niedersachsen
  • Klaus Zimmerer AELF Nördlingen-Wertingen
  • Julia Maischak-Dyck, Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen
  • Caroline Leubner, Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen
  • Lukas Trzebiatowski, Fachbereich Veterinärmedizin der JLU Gießen
  • Lydia Stahl, Fachbereich Veterinärmedizin der JLU Gießen

Da das gängigste Haltungssystem in der Rindermast nach wie vor die Betonvollspaltenbucht ist, werden hier zur Erhöhung des Tierwohls mittlerweile Gummiauflagen eingesetzt, um den Liegekomfort für diese Tiere zu steigern. Das Liegen auf einer verformbaren Fläche kommt dem natürlichen Verhalten der Rinder näher als das Ruhen auf reinen Betonvollspalten. 

Das Angebot für Gummiauflagen ist vielfältig und bei der Auswahl sollte sorgfältig abgewogen werden, um für den jeweiligen Betrieb die geeignete Auflage zu finden und zu verwenden. Weiterhin gibt es Regularien – wie z. B. die DIN 3763, die bei Auswahl der Auflage zwingend beachtet werden müssen, um im Nachhinein keine Fehlinvestition geleistet zu haben.  

Im Folgenden sind die wichtigsten Informationen zu gummierten Spaltenböden zusammengefasst. Es werden die Vorteile und mögliche Fehler bei der Nachrüstung bzw. im Einsatz von Neubauten dargestellt.

Vorteile gegenüber reinen Spaltenböden

Bessere Abbildung natürlicher Bodenverhältnisse in Bezug auf Elastizität und Verformbarkeit im Vergleich zu reinen Betonböden

Artgerechteres Liegeverhalten der Rinder (kürzere, aber häufigere Liegeperioden, artgemäßes Abliegen und Aufstehen) im Vergleich zu reinen Betonböden1

Gummierte Böden werden von den Rindern zum Abliegen bevorzugt2,3 und führen zu weniger Wärmeverlust beim Liegen7.

Deutliche Abnahme von Klauenschäden auf gummierten Böden im Vergleich zu reinen Betonböden (weniger schmerzhafte Sohlen- und Weiße Linie- Blutungen)1. Ähnliches positives Phänomen konnte auch bei Milchkuhhaltung beobachtet werden4.

Generell verbesserte Hornarchitektur der Klauen auf gummierten Böden5, dadurch weniger vorzeitige Abgänge durch Lahmheiten8.

Weniger pathologische Befunde an den Karpalgelenken bei Rindern auf gummierten Böden im Vergleich zu reinen Betonböden6.

Weniger Schwanzspitzenverletzungen bei Rindern auf gummierten Böden im Vergleich zu Rindern auf reinen Betonböden6.

  • Weniger vorzeitige Abgänge9
  • Steigerung der Mastleistung auf gummierten Böden führt zu einer verkürzten Mastdauer1.

Nachteile gegenüber reinen Spaltenböden

u. U. vermehrte Aktivität und vermehrtes Aufreiten möglich9

Geringerer Abrieb der Klauen auf gummierten Böden im Vergleich zu Betonböden5(trifft nicht zu sofern nur die Liegefläche mit Gummiauflagen ausgestattet ist). Ggf. Klauenkorrektur bei langer Haltung nötig.

In einigen Betrieben etwas stärkere Verschmutzung der Bullen.10 Mögliche Ursachen:

  • tendenziell geringerer Durchtritt von Kot auf gummierten Böden im Vergleich zu reinen Betonvollspaltenböden (auf korrekte Verlegung achten!)

Investitionskosten

  • ca. 50 bis 120 Euro je qm
  • Angaben der Haltbarkeit schwanken zwischen 5 und 10 Jahren (sehr stark abhängig von Qualität der Matten und der Verlegung; aber: z. T. Werksgarantie 5 Jahre)

Die „Niedersächsische Tierschutzleitlinie für die Mastrinderhaltung“ fordert bei Neu- oder Umbauten eine weichelastische und verformbare Liegefläche. In Einflächenbuchten ist in diesem Haltungssystem der gesamte Boden weichelastisch und verformbar zu gestalteten (gummierte Böden entsprechen dieser Vorgabe). In Zweiflächenbuchten wird nur die Liegefläche mit einer Gummiauflage versehen. So bleibt der abrasive Effekt des Betonbodens auf die Klauen erhalten. Eine Liegefläche von mindestens 2,5 m² für Endmastbullen ist nötig.

Wissenswertes

Bei der Nachrüstung wird empfohlen, zunächst nur eine bzw. wenige Buchten mit Gummiauflagen u. U. verschiedener Art auszustatten. So besteht die Möglichkeit herauszufinden, welches System für den jeweiligen Betrieb das Geeignetste ist. Dabei sollte darauf geachtet werden, dass im „Testlauf“ alle Jahreszeiten Berücksichtigung finden. Auf diese Weise können Erfahrungen ohne starke finanzielle Verluste gemacht werden.

Gummiauflagen im Lauf- und Liegebereich von Rindern müssen die Vorgaben der DIN 3763 erfüllen. Sie gilt für Rinder ab einem Alter über sechs Monaten und wurde im April 2020 veröffentlicht. Diese DIN legt Standards für elastische Stallbodenbeläge u. a. im Hinblick zur Verbesserung des Tierwohls fest: „Rinder sind von ihrer Entwicklung her Weidetiere. Dadurch haben sie sich an teilweise formbaren Untergrund angepasst. Diese Untergrundform hat sowohl Auswirkungen beim Liegen als auch beim Stehen und Laufen der Tiere. Eine sinnvolle Bodengestaltung auf Basis von Elastomer-Matten  kann diese Bedürfnisse der Rinder erfüllen. Zu diesem Zweck werden in diesem Dokument Anforderungen von Elastomer-Matten für Rinderställe festgelegt.“ Bei Elastomeren handelt es sich um formfeste, aber verformbare Kunststoffe. Das bedeutet unter Druckbelastung können sich diese elastisch verformen, finden danach aber wieder in ihre ursprüngliche Form zurück.

Aus tierschutzfachlicher Sicht ist eine Zweiflächenbucht mit einer Trennung der Funktionsbereiche Liegen und Futteraufnahme/Bewegen zu bevorzugen. In diesem Haltungssystem ist nur die Liegefläche mit einer Gummiauflage versehen, der Boden im Aktivitätsbereich am Futtertisch ist mit Betonspalten ohne Auflage ausgestattet. Im Vergleich zur Einflächenbucht mit vollständiger Gummiauflage ist hier der Klauenabrieb eher gegeben. Für den Aktivitätsbereich werden in der Milchkuhhaltung mittlerweile auch abrasive Gummiauflagen geprüfter und anerkannter Qualität angeboten. Langzeiterfahrungen zum Einsatz in der Haltung männlicher Mastrinder stehen allerdings noch aus.

Auch die aktuelle Bauschrift Mastbullen-, Fresser-, Mastkälber- und Mutterkuhhaltung der Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen, die 2020 erschienen ist, gibt wichtige Anhaltspunkte. 

Es wird empfohlen, Gummiauflagen so in einer Ebene zu verlegen, dass zwischen Boden und Gummiauflage sowie innerhalb der Gummiauflage keine Angriffspunkte für vorzeitige Defekte der Auflagen durch ein „Dagegenstoßen“ entstehen.

Erfahrungen aus Versuchen

Untersuchungen haben gezeigt, dass Gummiböden sich im Praxistest bewährt haben. Die Erfahrungen der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft in Grub zeigen z. B., dass Spaltenboden für Mastbullen, der mit einer Gummiauflage versehen war, gegenüber Betonspaltenboden zum Ruhen bevorzugten. Die Ruhedauer der Tiere auf Betonböden war dabei erhöht, da die Tiere das häufigere Aufstehen und Ablegen auf dem harten Boden vermeiden. Physiologischer Weise legen sich Rinder mehrmals am Tag für kürzere Intervalle zum Ruhen ab. Bei Tieren, die auf gummiertem Boden gehalten wurden, traten weniger Schwanzspitzenverletzungen auf.

Bullen, die auf gummierten Böden gehalten wurden, wiesen auch höhere Zunahmen im Vergleich zu Bullen auf, die auf Beton-Spaltenböden gemästet wurden. Die Ausschlachtgewichte waren bei auf gummierten Boden gehaltenen Tieren um 4 bis 7 % höher.

Weitere Informationen:

https://www.lfl.bayern.de/mam/cms07/publikationen/daten/informationen/p_41132.pdf

Einsatz in der Rindermast

Für die Auswahl der geeigneten gummierten Auflagen werden die unabhängigen Testberichte der DLG empfohlen. Unabhängig von einer DLG-Testung zeigen die unterschiedlichen Auflagen in der Praxis qualitative Unterschiede. Diese ergeben sich unter anderem aus unterschiedlicher Haltbarkeit, Verformbarkeit, Rutschfestigkeit und dem Verschmutzungsgrad der Tiere. Um einen Eindruck dieser gummierten Auflagen im Praxisbetrieb zu erhalten, eigenen sich Betriebsbesuche, um die verschiedenen Gummiauflagen vor Ort im Einsatz zu sehen.  

Einsatz für Jungtiere unter 6 Monaten

  • Ende der geltenden Übergangsfrist für weiche oder elastisch verformbare Liegefläche ab 2024 (Tierschutznutztierhaltungsverordnung)
  • verordnungskonforme Weichheit nach DIN-Norm vom Hersteller bestätigen lassen (Klasse 2)
  • zum Teil lange Lieferzeiten beachten

Literatur

1 Graunke, KL., Telezhenko, E., Hessele, A., Bergsten, C., Loberg JM., 2011: Does rubber flooring improve welfare and production in growing bulls in fully slatted floor pens? Animal Welfare 2011, 20: 173-183

2 Bahrs, E.: Verhalten und Gesundheitsstatus von Mastbullen auf Gummispaltenboden. Dissertation Universität München, 2005

3 Rouha-Mülleder, C., Absmanner E., Kahrer E., Stanek C., Troxler J.: Beurteilung verschiedener Haltungssysteme für die Rindermast. 15. Freiland-Tagung/ 22. IGN-Tagung in Wien, 2008

4 T. Fjeldaas, Å.M. Sogstad, O. Østerås, 2011: Locomotion and claw disorders in Norwegian dairy cows housed in freestalls with slatted concrete, solid concrete, or solid rubber flooring in the alleys,

  Journal of Dairy Science, doi.org/10.3168/jds.2010-3173.

5 Elite Best Practice 2012

6 Zerbe F., Mayer C., Kjaer J.: Einfluss von Spaltenbodenqualität und Flächenangebot auf das Vorkommen von Verletzungen der Schwanzspitze und am Integument bei Mastbullen. KTBL-Schrift 471, S.47ff., 2008

7 Freiberger et al., 2009

8 Mülleder, C., Absmanner, E., Kahrer, E., Zeiner, H., Stanek, Ch. & Troxler, J., 2008. Alternative Haltungssysteme für die Rindermast unter österreichischen Verhältnissen unter besonderer Berücksichtigung von Betonspaltenböden mit Gummiauflagen. Endbericht zum Forschungsprojekt 1447, Eigenverlag Institut für Tierhaltung und Tierschutz, Wien,

9 Margin, L.; Gottardo, F.; Briscic, M.; Contiero, B.; Cozzi, G., 2019: Health, behavior and growth performance of Charolais and Limousin bulls fattened on different types of flooring. Animal 13:11, S 2603-2611

10 Brscic, M.; Ricci, R.; Prevedello, P.; Lonardi, C.; De Nardi, R.; Contiero, B.; Gottardo, F.¸ Cozzi, G., 2015: Synthetic rubber surface as an alternative to concrete to improve welfare and performance of finishing beef cattle reared on fully slatted flooring. Animal 9:8. S 1386-1392

11Zerbe, F. und Reiter, K., 2012: Einsatz vor abrasiven Gummimatten auch in der Bullenmast? 17. Internationale Fachtagung zum Thema Tierschutz am 12. und 13. 03. 2012 in Nürtingen