Brennpunkt Aviäre Influenza – Wie kann ich meine Tiere schützen?
Aktueller (Stand 11/2025) ist ein massives Geflügelpestgeschehn in Deutschland zu beobachten, mit mehr als 1 Millionen gekeulten Tieren, allein in Niedersachsen (seit Jahresbeginn 2025). Der letzte vergleichbare großflächige Ausbruch der Geflügelpest in Deutschland ereignete sich im Zeitraum von November 2020 bis Juni 2021 und betraf über 250 Geflügelhaltungsbetriebe, von der Kleinstallhaltung bis zur kommerziellen Haltung. (FLI: Aviäre Influenza (ugs. Vogelgrippe) - TierSeuchenInformationsSystem; Karten zu HPAI ).
Die Aviäre Influenza ist eine Infektionskrankheit, die durch Viren ausgelöst wird, deren natürliches Reservoir der wildlebende Wasservogel ist. Die Viren treten sowohl in Form einer geringpathogenen als auch einer hochpathogenen Variante mit unterschiedlichen Subtypen auf. Die geringpathogenen aviären Influenzaviren verursachen beim Hausgeflügel eher selten oder nur milde Krankheitssymptome. Es besteht jedoch die Möglichkeit, dass die Viren spontan zu einer hochpathogenen Form mutieren, deren klinisches Erscheinungsbild dann der Geflügelpest entspricht. Diese ist hochansteckend und zeigt einen zumeist schweren Krankheitsverlauf. Einmal in den Stall eingebracht, ist innerhalb weniger Tage der gesamte Bestand betroffen. (FLI FAQ: Hochpathogene Aviäre Influenza)
Aktuell sind bundesweit Fälle von infizierten Wildvögeln und oder Nutzgeflügelhaltern bestätigt worden. Laut Friedrich-Löffler-Institut (FLI) wird das Risiko einer Ausbreitung des hochpathogenen aviären Influenza-Virus bei Wildvögeln sowie einer Übertragung auf Geflügel und gehaltene Vögel in Deutschland als hoch eingestuft (Risikoeinschätzung zur Hochpathogenen Aviären Influenza H5). Grund genug, die Biosicherheitsmaßnahmen auf den Betrieben auf den Prüfstand zu stellen und bei Bedarf zu verschärfen.

Bild: Regine Revermann, LWK Niedersachsen

Bild: Regine Revermann, LWK Niedersachsen
Eintragswege der hochinfektiösen Virus-Erkrankung
Um die Ausbreitung des Virus zu verhindern und zur Prävention des Eintrags in den eigenen Bestand ist es wichtig, die Verbreitungswege zu kennen und entsprechende Vorsorgemaßnahmen zu treffen.
Eine der wichtigsten Maßnahmen ist es, den Kontakt von Nutzgeflügel zu Wildvögeln und deren Ausscheidungen zu verhindern. Offene Wasserflächen und Futterangebot im Freiland-Auslauf können beispielsweise infizierte Wildvögel anlocken. Fressen und trinken die Hühner, Enten oder Gänse dann von denselben Stellen, können sie sich mit dem Virus anstecken.
Auch über verunreinigtes Schuhwerk oder Kleidung kann das Virus seinen Weg in den Stall finden. Fahrzeuge, die über die Hofstelle oder sogar in den Stall fahren, wie z. B. der Streuwagen, bergen ein hohes Einschleppungsrisiko. Daher müssen diese regelmäßig gesäubert und desinfiziert werden.
Letztlich können jedoch auch das Futter oder das eingestreute Stroh zum ungewollten Eintragen des Virus in den Stall führen, wenn dies nicht sicher vor Wildvögeln gelagert wird.
Maßnahmen im Verdachtsfall
Die Bekämpfung der Geflügelpest ist in Deutschland durch die Geflügelpest-Verordnung geregelt bzw. durch geltendes EU-Recht. Dort ist unter anderem festgehalten, dass bei erhöhten Verlustraten innerhalb von 24 Stunden (i.d.R. > 2 %) die Ursachenforschung durch Tierarzt/Tierärztin bzw. das Veterinäramt zu erfolgen hat. Da es sich um eine anzeigepflichtige Tierseuche handelt, muss im Verdachtsfall das zuständige Veterinäramt umgehend informiert werden. Daraufhin werden Proben auf dem Betrieb genommen, welche über ein amtliches Labor untersucht werden. Bestätigt sich der Verdacht, muss der gesamte Bestand tierschutzgerecht gekeult und die Tiere im Anschluss unschädlich beseitigt werden (Weitere Informationen). Dem schließt sich die fachgerechte Reinigung und Desinfektion des Stalles bzw. Betriebsgeländes an.
In einem weiteren Schritt wird vom Veterinäramt eine Schutzzone mit Sperr- und Beobachtungsbezirk um den betroffenen Betrieb eingerichtet. In diesen Bezirken treten verschiedene Maßnahmen, die in der Geflügelpestverordnung geregelt sind, zur Verhinderung der Weiterverbreitung des Virus in Kraft.
Biosicherheitsmaßnahmen – Was können Tierhalter und Tierhalterinnen konkret tun?
Zunächst gilt das Motto: Vorsorge ist besser als Nachsorge! Insbesondere Betriebe mit Freilandhaltungen bzw. Offenställen sollten entsprechende Vorsichtsmaßnahmen treffen. Der Kontakt zu Wildvögeln oder infiziertem Material muss, soweit möglich, unterbunden werden.
Zunächst sollte der Personenkreis, der Zugang zu den Ställen erhält, auf ein Minimum reduziert werden. Zutritt zum Bestand ist nur mit sauberer (Schutz-)Kleidung zu gewähren. Eine Desinfektionswanne bzw. -matte im Eingangsbereich des Stalls hilft bei ordnungsgemäßer Anwendung, Schuhwerk oder auch die Bereifung von Schubkarre oder Fahrzeugen zu desinfizieren.
Als weitere wichtige Maßnahme sollte das Futter und die Einstreu (z. B. Stroh) stets so gelagert werden, dass Wildvögel keinen Kontakt damit haben. Ideal ist eine Überdachung und/oder zusätzlich eine Abdeckung mit Netzen oder Planen.
Um Wildvögeln möglichst keinen Anreiz zu geben, im stallnahen Gebiet zu rasten oder Futter und Wasser aufzunehmen, sollte das Auslaufmanagement geprüft werden. Dafür ist es ausschlaggebend, dass den Tieren außerhalb des Stalls kein Futter und Wasser angeboten wird. Auch große Pfützen bzw. offene Wasserflächen sollten unbedingt vermieden und mit entsprechendem Material aufgefüllt werden. Bei stallnahen Feldern sollten nach der Ernte verbleibe Pflanzenreste zeitnahe eingearbeitet werden.
Ebenfalls sollten Schadnager und Haustiere von den Beständen ferngehalten werden, da diese als Vektoren das Virus übertragen können.
Eine übersichtliche Checkliste für Biosicherheitskonzept liefert auch die Tierseuchenkasse Niedersachsen. Ab dem 01.01.2026 ist das Vorliegen eines solchen in Niedersachsen für geflügelhaltende Betriebe mit mehr als 1000 Tieren verpflichtend. Grundsätzlich sollten jedoch auch kleinere Betriebe und die Hobbyhaltung entsprechende Konzepte vorhalten.
Grundsätzlich käme zur Bekämpfung der Geflügelpest auch ein Impfstoff in Frage. Es dürfen nur sog. Markerimpfstoffe zum Einsatz kommen, die eine Unterscheidung zwischen geimpften und infizierten Tieren ermöglichen. Eine Weiterverbreitung des Virus unter der Impfdecke kann jedoch nicht gänzlich ausgeschlossen werden. Darüber hinaus schränken derzeitige EU-Vorgaben den Handel von Fleisch und Eiern geimpfter Tiere ein. In Deutschland ist aktuell jedoch eine solche Impfung nicht zugelassen.
Aufstallungspflicht – Und nun?
Treten vermehrt Geflügelpestfälle auf, kann das zuständige Veterinäramt eine Allgemeinverordnung, die unter anderem eine Aufstallungspflicht beinhaltet, erlassen. Tierhalter und Tierhalterinnen sollten das Geflügelpestgeschehen stets genau im Auge behalten und Vorsorgemaßnahmen für den Fall treffen, dass sie ihre Tiere aufstallen müssen.
Im Falle einer kurzfristigen Aufstallung, z. B. von Legehennen in einem Mobilstall, besteht ein erhöhtes Risiko, dass die Tiere nach kurzer Zeit stressbedingte Verhaltensauffälligkeiten wie Federpicken zeigen. Zur Prävention müssen unbedingt entsprechende Maßnahmen im Vorfeld ergriffen werden. Zur Vergrößerung der Stallfläche können Vorbauten errichtet werden, die nach oben mit einer Dachfläche/Plane abgedeckt und seitlich mit einer Maschenweite von nicht größer als 2,5 cm ausgestattet sind, um den direkten Wildvogelkontakt zu vermeiden. Generell ist vermehrt darauf zu achten, dass die Einstreu scharrfähig ist und im Stall ausreichend Futter und hygienisches Tränkewasser zur Verfügung stehen. Es wird empfohlen, den Stall mit zusätzlichem Beschäftigungsmaterial auszustatten, wie beispielsweise Futtermöhren im Sack, Pickschalen, Picksteine, Strohballen und Luzerneballen. Es ist sinnvoll, den Bestand an Beschäftigungsmaterialien rechtzeitig zu überprüfen und einen Vorrat an verschiedenen attraktiven Materialien anzulegen, um im Ernstfall schnell handeln zu können.
Wie lange eine Aufstallungspflicht bestehen bleibt, lässt sich nur schwer vorhersagen und hängt stets vom aktuellen Seuchengeschehen ab.
Es gibt für Tierhalter und Tierhalterinnen von verschiedenen Institutionen Informationsmaterialien zum Thema Aviäre Influenza. Die Universität Vechta hat zusammen mit dem FLI ein Online-Tool entwickelt, welches Tierhaltern aufzeigen soll, wie stark der eigene Betrieb von der Geflügelpest gefährdet ist (Risikoampel Uni Vechta). Aber auch hilfreiche Merkblätter und Checklisten stehen zur Verfügung.
Hinweise/Merkblätter
Biosicherheit - Biosicherheit - Niedersächsische Tierseuchenkasse
Merkblatt des Friedrich-Löffler-Instituts: Schutzmaßnahmen gegen die Geflügelpest in Kleinhaltungen
Merkblätter des Niedersächsischen Landesamtes für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit
Schaubild "Mögliche Eintragsquellen von Geflügelpestviren in Puten- und Entenbestände
Literaturhinweise
- https://tierseucheninfo.niedersachsen.de/startseite/anzeigepflichtige_tierseuchen/geflugel/geflugelpest/geflugelpest/aviare-influenza-190642.html
- https://www.openagrar.de/servlets/MCRFileNodeServlet/openagrar_derivate_00068835/FLI-Risikoeinschaetzung_HPAI_H5_2025-11-06.pdf
- https://www.openagrar.de/servlets/MCRFileNodeServlet/openagrar_derivate_00068710/FLI-Information-FAQ-Gefluegelpest-2025-10-24.pdf
- https://www.fli.de/de/aktuelles/tierseuchengeschehen/aviaere-influenza-ai-gefluegelpest/karten-zur-klassischen-gefluegelpest/
- https://tsis.fli.de/cadenza/repositories/j-SlqCKELaTDy8RoFRCW/workbooks/Aviaere-Influenza-ugs.-Vogelgrippe,KZDvzqKWkpK-ZFdJr5jq/worksheets/Uebersicht,3Z_PXs-JPrCrYS7PhzuD?workbookHash=EWJQ5MSfkriwmUVhaK63Bi0eaPUErzz_5K3ahOa9o5a1Lvxt
- https://www.ndstsk.de/uebersicht/tierkoerperbeseitigung/biosicherheit
- Verordnung zum Schutz gegen die Geflügelpest (Geflügelpest-Verordnung) Geflügelpest-Verordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 15. Oktober 2018 (BGBl. I S. 1665, 2664)
- Rautenschlein, S. und Ryll, M. (2014). Erkrankungen des Nutzgeflügels (1. Auflage). Eugen Ulmer KG