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Eutergesundheit im Fokus

Euterentzündungen sind für Milchkühe mit Schmerzen verbunden und können das Tierwohl negativ beeinträchtigen. Darüber hinaus entsteht ein zusätzlicher Arbeitsaufwand für das Personal, und auch die wirtschaftlichen Verluste durch eine Erkrankung des Euters sind enorm: Jede einzelne Euterentzündung belastet das Betriebsergebnis durchschnittlich mit über 400€. Die Möglichkeiten der antibiotischen Mastitisbehandlung werden künftig noch stärker eingeschränkt, denn als Reaktion auf das zunehmende Auftreten resistenter Krankheitserreger strebt die EU eine deutliche Reduktion des Einsatzes von Antibiotika in der Tierhaltung an. Die Prävention von Eutererkrankungen gewinnt daher zukünftig noch stärker an Bedeutung.

In zwei Online Seminaren zum Thema „Eutergesundheit im Fokus“ erläuterte Dr. Andreas Steinbeck, der als Fachreferent für Rindergesundheit bei Boehringer Ingelheim tätig ist, wie ein richtiges Trockensteher-Management aussehen kann und wie der Antibiotikaeinsatz erfolgreich reduziert werden kann.

Das richtige Trockensteher-Management

Im ersten Seminar wurde die Trockensteh-Phase genauer beleuchtet, die eine Schlüsselrolle für die Eutergesundheit übernimmt. Die beteiligten Erregerstämme, Umweltfaktoren (Aufstallung, Jahreszeit), Management (Trockenstellereinsatz, Fütterung) sowie kuhassoziierte Parameter (Alter, Erkrankungshistorie, Milchmenge zum Trockenstellzeitpunkt oder auch z. T. rassebedingten Unterschiede beim Ausbilden des Keratinpfropfes im Strichkanal) wurden thematisiert.

Beim Trockenstellen können verschiedene Strategien verfolgt werden. Das generelle antibiotische Trockenstellen aller Kühe sollte aber der Vergangenheit angehören, da es die Ausbildung von Resistenzen begünstigen kann. Darüber hinaus besteht bei gesunden Tieren keine Notwendigkeit für den Einsatz eines Antibiotikums zum Trockenstellen. Ein Alternative dazu ist das selektive Trockenstellen. Es setzt voraus, dass die Eutergesundheit jeder einzelnen Kuh vor Beginn der Trockenstehzeit beurteilt wird (Schalmtest, bei Bedarf auch Laboruntersuchung). Auf Praxisbetrieben sowie in Lehr- und Forschungseinrichtungen wird das sogenannte viertelselektive Trockenstellen bereits erfolgreich angewendet, bei dem nur infizierte Viertel antibiotisch behandelt werden. Ein genaues Wissen um die Gesundheit der einzelnen Euterviertel wird hier i. d. R. durch Viertelgemelks-Untersuchungen auf dem Betrieb (Schalmtest CMT) gewonnen und bei Bedarf mittels Laboruntersuchung abgesichert. Muss eine antibiotische Trockenstellbehandlung durchgeführt werden, erfolgt die Auswahl des Wirkstoffs unter Berücksichtigung bereits vorhandener Resistenzen, die mit einem Antibiogramm nachgewiesen werden können.

Bei der Anwendung von Trockenstellern ist gute Hygiene das oberste Gebot. Dr. Steinbeck empfiehlt Eutertuben mit einer kurzen Instillation zu verwenden, also einer Spitze, die nicht komplett in den Strichkanal eingeführt werden muss. Dadurch kann die Infektionsgefahr (durch das unbeabsichtigte Einbringen von Erregern in die Zitze) im Vergleich zu herkömmlichen Tuben halbiert werden. Das Verwenden eines internen Zitzenversieglers sollte auf Herdenebene für alle Tiere durchgeführt werden. Wird ein eingefärbtes Präparat genutzt, kann leichter unterschieden werden, ob es sich beim Ausmelken nach der Kalbung um Versieglerreste oder Flocken handelt. Der Einsatz von antibiotischen Trockenstellern sollte Einzeltieren mit auffälligem Schalmtest sowie bei Zellzahlen von >100.000 in der letzten Milchleistungsprüfung vor dem Trockenstellen vorbehalten bleiben.

Wie wichtig optimale Haltungsbedingungen für Trockensteher sind, erläuterte der Experte im Anschluss. Weidehaltung bietet sich an, wenn die Fütterung im Blick behalten wird. Eine große, ruhige, hygienisch einwandfreie Abkalbebucht ist ebenfalls wichtig für einen guten Start in die Laktation. Schlussendlich ist auch bei Trockenstehern Hitzestress zu vermeiden und den Tieren sollte ab 20 °C eine entsprechende Kühlung angeboten werden.

Gesund durch die Laktation – Antibiotikaeinsatz erfolgreich reduzieren

Das zweite Seminar beschäftigte sich, aufbauend auf die erste Veranstaltung, mit der Eutergesundheit in der Laktation. Mastitis ist eine infektiös, traumatisch oder toxisch bedingte, oft schmerzhafte Entzündungsreaktion des Euters. Diese lässt sich in drei verschiedene Grade einteilen:

1. verändertes Sekret oder Flocken,

2. ein zusätzlich verändertes Eutergewebe und

3. ein zusätzlich gestörtes Allgemeinbefinden.

Tritt eine Euterentzündung während der Laktation auf, so ist laut Verordnung über tierärztliche Hausapotheken (TÄHAV) vorab eine klinische Untersuchung durch den Tierarzt vorzunehmen, wenn eine antibiotische Behandlung erfolgen muss. Der Referent empfahl die Mastitistherapie stets in Abhängigkeit vom Erreger, dem Schweregrad, der Krankheitshistorie und dem Laktationsstadium zu individualisieren. Wenn es um eine betriebliche Behandlungsstrategie geht, dann ist die Leitkeimbestimmung in der Herde maßgeblich. Dabei wird ermittelt, welcher Erreger in der Herde dominiert und ob umwelt- oder kuhassoziierte Keime Probleme machen. Grundvoraussetzung für den Einsatz von Antibiotika gemäß Antibiotikaleitlinie ist, dass Haltung, Management und Hygiene in Ordnung sind und die gute veterinärmedizinische Praxis eingehalten wird.

Für alle Arten von Mastitiden gilt: „Die Heilungsprognose bestimmt den Aufwand der Therapie“. Chronisch wiederkehrende, unheilbare Mastitiden oder Fälle, in denen keine Bakterien im Sekret nachweisbar sind, werden nicht antibiotisch behandelt. So genannte Schnelltests können hier zur Entscheidungsfindung beitragen. Bei schlechter Heilungsprognose ist das Ziel, die Lieferfähigkeit der Milch zu erhalten und eine symptomatische Behandlung durchzuführen, um Schmerzen und Leiden zu verhindern. Eine akute Mastitis mit Zellzahlerhöhung muss hingegen schnell, ausdauernd und konsequent behandelt werden. Der Referent empfiehlt dabei immer auch den Einsatz von NSAIDs (Entzündungshemmer und Schmerzmittel), um dem Tier Linderung zu verschaffen.

Neben einer guten Liegeflächenpflege (sauber, trocken und Einstreu zum Feuchtigkeit binden) erinnerte Dr. Steinbeck in Punkto Melkhygiene kurz an folgende, bewährte Maßnahmen: Es sind saubere Handschuhe zu tragen. Der Einsatz eines zugelassenen Prä-Dips hat sich in der Praxis gerade bei Umwelterregern bewährt. Jedes Euter wird mit einem frischen Tuch gereinigt - für jede Zitze verwendet man dabei eine andere Seite. Nachdippen ist sowohl aus Sicht der Zitzenpflege als auch aus Sicht der Hygiene zu empfehlen. Die Kühe sollten unmittelbar nach dem Melken frisches Futter vorfinden, damit die Zeit bis sich der Strichkanal wieder schließt im Stehen verbracht wird und damit das Eintragsrisiko für Umweltkeime sinkt.

Eine gute Eutergesundheit ist von vielen Faktoren abhängig. Werden Ziele realistisch gesetzt und konsequent verfolgt, kann die Eutergesundheit der Herde erhalten oder auch verbessert werden. Der Hoftierarzt sowie Eutergesundheitsdienste, Mitarbeiter der Landeskontrollverbände und Berater stehen den Landwirten dabei gerne zur Seite.

Autorin: Alexandra Koch, Landwirtschaftskammer Niedersachsen