Kritische Kontrollpunkte in der Junghennenaufzucht und in der Übergangsphase zur Legehenne
Fütterung und Beschäftigung auf dem Prüfstand für mehr Tierwohl in der Jung- und Legehennenhaltung (Layer HACCP)
Tierwohl in der Nutztierhaltung zu verbessern, ist eine Aufgabe, die aktuell in vielen Nutztierzweigen nach Antworten und neuen Wegen sucht. So auch im Legehennenbereich, wo Federpicken und Kannibalismus noch immer viele Betriebe im Alltag vor Herausforderungen stellt, da seit 2017 auf das Kürzen der Schnäbel aus Tierschutzgründen verzichtet wird. Doch welche Faktoren sind es, die diese Verhaltensstörungen auslösen? Und wie können sie minimiert oder gänzlich abgestellt werden? Mit diesen Fragen hat sich die Landwirtschaftskammer Niedersachsen gemeinsam mit der Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover in den letzten drei Jahren im Rahmen des Modell- und Demonstrationsvorhabens „Fütterung und Beschäftigung auf dem Prüfstand für mehr Tierwohl in der Jung- und Legehennenhaltung (Layer HACCP)“ intensiv beschäftigt.
In Zusammenarbeit mit 19 Aufzucht- und Legehennenbetrieben in Niedersachsen, Mecklenburg-Vorpommern, Nordrhein-Westfalen und Hessen wurden Schwachstellen in der Haltung herausgearbeitet, die zu Verhaltensstörungen und gesundheitlichen Problemen führen. Im zweiten Schritt wurden Maßnahmen entwickelt, die den Aufzucht- und Legehennenbetrieben Lösungsansätze im Alltag bieten, diesen entgegenzuwirken. Im Rahmen eines Onlineseminars der Landesforschungsanstalt für Landwirtschaft und Fischerei Mecklenburg-Vorpommern stellten Projektmitarbeiter der Landwirtschaftskammer Niedersachsen und der Tierärztlichen Hochschule Hannover ihre Ergebnisse vor und diskutierten diese gemeinsam mit den Zuhörern.
Stressfreie Eingewöhnung von Junghennen
Nach der einführenden Projektvorstellung durch Jule Schättler, LWK Niedersachsen, zeigte Dr. Peter Hiller, ebenfalls Mitarbeiter der Landwirtschaftskammer Niedersachsen, in seinem Vortrag zunächst einige kritische Kontrollpunkte in der Junghennenaufzucht bezüglich der Fütterung auf. Einer der wichtigsten kritischen Kontrollpunkte stellt die Umstallung der Junghennen in den Legehennenstall dar. Dr. Hiller hält es für unumgänglich, sich als Legehennenhalter zunächst Informationen darüber einzuholen, wie die Tiere im Aufzuchtbetrieb aufgewachsen sind. Fragen nach dem bisherigen Haltungssystem und der Haltungsumwelt in Bezug auf Fütterungszeiten, Licht-, Beschäftigungs- und Klimagestaltung sind für eine stressfreie Eingewöhnung der Junghennen in den Legehennenbetrieb unerlässlich. Nur unter Beachtung dieser Vorinformationen und deren Integration in die neue Haltungsumwelt gelingt die Umstallung stressarm.
Laut Dr. Hiller ist es sinnvoll, die Einstallung der Junghennen in den Legehennenbetrieb in der 17. Lebenswoche vorzunehmen. Die angestrebte tägliche Futteraufnahme liegt zu diesem Zeitpunkt bei circa 70 bis 75 g. Eine verschneidende Umstellung des Futters von Junghennenaufzuchtfutter auf Vorlegemehl bis hin zu Alleinmehl für Legehennen ist überaus sinnvoll. Die Umstellung des Futters muss schonend erfolgen und der Zeitpunkt des Futterwechsels hängt in erster Linie vom Körpergewicht ab und nicht vom Alter der Tiere. Nicht nur Untergewicht kann ein Problem darstellen, auch schwere Junghennen, die gut fressen, müssen schonend ins Legen gebracht werden. In den ersten Wochen nach der Umstallung ist zu beachten, dass die Gewichtsentwicklung erst in der 30. bis 35. Lebenswoche abgeschlossen ist. Die Junghennen haben zu Legebeginn noch einen höheren Nährstoffbedarf, bei dem sowohl der Bedarf für die Eierproduktion als auch für das Wachstum zu berücksichtigen ist. Eine Gewichtsstagnation bzw. -reduktion gilt es in der Übergangsphase unbedingt zu verhindern. Weshalb der für die Schalenbildung nötige Kalziumbedarf schonend und über mehrere Tage durch ein Vorlegemehl erhöht werden sollte. Bei einer radikalen Umstellung des Futters von Junghennenalleinmehl auf Legehennenalleinmehl kann unter Umständen die Futteraufnahme stark zurückgehen. Eine tägliche Kontrolle der in der Umstellungsphase über den Tag aufgenommenen Futter- und Wassermenge ist zwingend notwendig. Wichtig ist zudem, auch ein Lichtprogramm in Abhängigkeit vom Gewicht und nicht vom Alter zu wählen.
Erfolgreiches Gesundheitsmanagement
Als zweite Referentin stellte Dr. Birgit Spindler von der Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover verschiedene wichtige tiergesundheitliche Aspekte der Junghennenhaltung vor. Spindler betonte, dass nur eine gesunde Junghenne auch eine leistungsstarke Legehenne werden wird. Die Mortalitätsrate je Woche kann einen Hinweis darauf geben, wie es um die Gesundheit des Bestandes bestellt ist. Die wöchentliche Mortalitätsrate sollte bei unter 0,13 Prozent liegen. Werte größer als 0,25 Prozent sollten den Tierhalter alarmieren und dazu veranlassen, die Tiergesundheit des Bestandes auf mögliche Schwachstellen zu überprüfen, um passende Gegenmaßnahmen einzuleiten. Weitere Hinweise auf gesundheitliche Probleme im Legehennenbestand sind das Auseinanderwachsen der Herde oder eine Gewichtsentwicklung unterhalb der Empfehlungen. Treten diese Probleme auf, sollte nach den Ursachen gesucht und gegebenenfalls ein Tierarzt hinzugezogen werden.
Eine wichtige Bedeutung für eine stabile Tiergesundheit haben zudem prophylaktische Biosicherheitsmaßnahmen. Laut Dr. Spindler gehört die Einhaltung folgender Aspekte zu einem erfolgreichen Gesundheitsmanagement:
- Beschränkung des Personalverkehrs
- Einhaltung von üblichen Hygieneregeln wie der Nutzung einer Hygieneschleuse und betriebseigener Schutzkleidung
- Das Führen eines Besucherbuches zur Dokumentation des Personenverkehrs
- Eine wildvogelsichere Lagerung des Futters, der Einstreu und anderer Materialien, die in den Tierbereich gelangen
- Regelmäßige Schadnagerbekämpfung
- Gründliche Reinigung und Desinfektion nach jedem Durchgang.
Impfungen wichtiges Element der Gesundheitsprophylaxe
Impfungen sind ebenfalls als Element der Gesundheitsprophylaxe ein guter Schutz der Jung- und Legehennen. Diese werden über das Tränkwasser oder per Nadel verabreicht. Doch auch wenn Impfungen viele gesundheitliche Vorteile mit sich bringen, bedeuten sie eine besondere Belastung und Stress für die Tiere. Daher sollte der Impfzeitpunkt nicht zeitgleich mit der Umstallung gewählt werden und eine Fixation der Tiere möglichst kurz gehalten werden.. Die Abwägung, welche Applikationsform verwendet wird und wie viele Impfungen zeitgleich vorgenommen werden, sollte unter Berücksichtigung von Tierwohlaspekten getroffen werden. Eine Verabreichung von Nachimpffutter mit Zusätzen von Vitamin C und B sowie Oregano-Extrakt kann mögliche Gewichtsabnahmen zum Impfzeitpunkt abmildern.
Beschäftigungsmaterialien und Auslaufnutzung
Am Ende des Onlineseminars stellte Anna Riedel, ebenfalls Mitarbeiterin der Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover, noch einige wichtige Aspekte zum Beschäftigungsangebot und zur Auslaufnutzung vor. Wichtig bei der Auswahl von geeigneten Beschäftigungsmaterialien ist es, unbedenkliche und hygienisch einwandfreie Materialien einzusetzen. Idealerweise finden sie ab dem ersten Lebenstag kontinuierlich bis zum Haltungsende Anwendung. Picksteine werden etwa mit steigendem Härtegrad angeboten. Bei Auftreten von Federpicken oder anderen Verhaltensstörungen kann Luzerne als Raufutterquelle erste Abhilfe schaffen. Wichtig ist, dass möglichst alle Tiere Zugang zu den Beschäftigungsmaterialien haben. Treten dennoch Verhaltensstörungen auf, ist es ratsam, neue Beschäftigungsmaterialien zu integrieren, um mehr Abwechslung zu schaffen. Bei der Nutzung eines Grünauslaufes sind gesetzliche Regelungen stets einzuhalten. So muss je Henne ein Platzbedarf von mindestens 4 qm einkalkuliert sein, zu dem die Legehennen ab spätestens 10 Uhr Zugang haben. Zusätzlich muss dieser Unterschlupfmöglichkeiten bieten, die aus Bäumen, Sträuchern oder entsprechenden Unterständen bestehen können.
Autorin: Patricia Lößner, Landesforschungsanstalt für Landwirtschaft und Fischerei Mecklenburg-Vorpommern