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  • Prof. Dr. Axel Wehrend, Tierklinik für Reproduktionsmedizin und Neugeborenenkunde der Justus-Liebig-Universität Gießen
  • Prof. Dr. Johannes Kauffold, Klinik für Klauentiere, Universität Leipzig
  • Peggy Käferle, Thüringer Landgesellschaft mbH
  • Julia Maischak-Dyck, Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen
  • Lukas Trzebiatowski, Fachbereich Tierklinik für Reproduktionsmedizin und Neugeborenenkunde der Justus-Liebig-Universität Gießen

Die Schwergeburtenrate bei Kühen wird international mit zwei bis sieben Prozent angegeben, wobei große betriebsindividuelle Unterschiede vorliegen. Ein erhöhter Anteil von Geburtskomplikationen führt zu ökonomischen Einbußen und stellt zudem ein Tierschutzproblem dar. Eine funktionierende Geburtsüberwachung in Rinderbetrieben ist ein wichtiger Faktor zur Erkennung und Vermeidung von Geburtskomplikationen und zur Weichenstellung für ein gesundes Kälberleben und einen ungestörten Beginn der Laktation.

Eine Geburtsüberwachung kann über eine Tierkontrolle durch einen Menschen, eine vom Menschen durch Sensoren oder Kameras assistierte Kontrolle oder allein durch sensorbasierte Systeme durchgeführt werden. Dabei ist die Tierkontrolle durch eine qualifizierte Arbeitskraft als Goldstandard zu bewerten, diese ist jedoch ortsgebunden, unter Umständen mit Stress für das Tier verbunden und zeitlich aufwendiger als andere Verfahren zur Geburtsüberwachung. Bei der technisch-assistierten Überwachung finden Hilfsmittel wie Kameras Verwendung. Die Nutzung dieser Systeme muss aktiv erfolgen, es entfällt aber die örtliche Gebundenheit, wenn diese über das Internet angesteuert werden können. Sensorbasierte Systeme senden automatisch ein Signal, wenn ein festgelegter Schwellenwert des Sensors überschritten wird.

Die zunehmende Schwierigkeit qualifizierte Arbeitskräfte zu finden und die gleichzeitige Zunahme technischer Systeme im Rinderstall führen zu einer steigenden Relevanz der Verwendung dieser Systeme zur Geburtsüberwachung.

Es fehlen allerdings Daten dazu, wieweit diese Systeme in der Praxis vertreten sind und ob sich diese auf den Betrieben bewährt haben.

Aus diesem Grund wurde vom Netzwerk Fokus Tierwohl eine Online-Umfrage durchgeführt, um die Verbreitung technischer Systeme zur Geburtsüberwachung zu erfassen und zu erfahren, warum Betriebe solche Systeme nicht einsetzen, oder sich dagegen entscheiden. 

Betriebsform 
  • Milchkühe
  • Mutterkühe
 
Erwerbsform 
  • Haupterwerb
  • Nebenerwerb
 
Betriebsgröße 
  • < 60 Kühe
  • 61-120 Kühe
  • 121 - 200 Kühe
  • 201 - 500 Kühe
  • 501 - 1000 Kühe
  • > 1000 Kühe
 
Werden auf dem Betrieb technische Hilfsmittel für die Geburtsüberwachung eingesetzt? 
  • bei jeder Kuh
  • nur bei bestimmten Kühen: 
  • bei einem Teil der Herde (% der Herde)
 
Wenn ja, was waren die Gründe für den Einsatz? 
  • hohe Kälberverluste
  • hoher Anteil schwerer Geburtsverläufe
  • Erkrankungen des Muttertieres nach der Geburt (Nachgeburtsverhalten, Endometritis, etc.)

  • Arbeitswirtschaft (Optimierung der Arbeitsabläufe/-belastung)

  • Sonstiges: 

 
Wenn nein, was waren die Gründe? 
  • die Investitionskosten sind zu hoch
  • ich habe zu wenig Vertrauen in solche Systeme
  • passt nicht zum Betriebskonzept
  • andere Gründe: 
 

Auf welche technischen Hilfsmittel greifen Sie zurück?

 
  • Videokamera
  • Geburtsmelder, die in die Scheide eingeführt werden
  • Geburtsmelder, die an der Schwanzwurzel befestigt werden
  • Sonstiges: ______________(Freitext)
 

Wie bewerten Sie das von Ihnen genutzte technische Hilfsmittel zur Geburtsüberwachung (1 = sehr gut bis 6 = sehr schlecht)

 
  • Zuverlässigkeit der Meldung
  • Handhabung
  • Kosten
  • Hygiene
  • Arbeitsaufwand
  • Kosten-Nutzen-Verhältnis
 

Würden Sie das von Ihnen verwendete System weiterempfehlen?

 
  • Ja, uneingeschränkt
  • Ja, mit Einschränkungen
  • Nein, eher nicht
  • Nein, auf keinen Fall
 
Was schätzen Sie besonders an dem von Ihnen verwendeten System?Freitext
Was stört Sie besonders an dem von Ihnen verwendeten System?Freitext
Seit wann setzen Sie das System ein?Freitext
Wie hat sich seitdem das Abkalbegeschehen (z.B. Geburtsverläufe, Totgeburten, Arbeitswirtschaft) verändert?Freitext

 

Umfrageergebnisse

Die Umfrage wurde von insgesamt 76 Teilnehmern vollständig durchgeführt. Die Teilnehmer verteilten sich auf 62 Betriebe mit Milchkühen, 12 Betriebe mit Mutterkühen und zwei Betriebe, die Milch- und Mutterkühe halten.

Etwa 42% der befragten Betriebe haben aktuell technische Systeme zur Geburtsüberwachung im Einsatz.

Von diesen Betrieben setzen etwa 48% das jeweilige System für die komplette Herde und 52% für einen Teil der Herde oder bestimmte Einzeltiere ein. Auf die Frage wonach die Tiere ausgesucht werden, wurden Verfügbarkeit der technischen Ausstattung, „Problemtiere“, verfettete Tiere, Erstkalbinnen oder bekannte Zwillingsträchtigkeiten genannt.

Tabelle 1: Verwendete Systeme oder Systemkombinationen zur Geburtsüberwachung auf den 29 teilnehmenden Betrieben
Anzahl BetriebeGeburtsmelder SchwanzwurzelPansenbolusIntravaginaler GeburtsmelderVideokamera
3x   
3x  x
2 x  
3 x x
2  x 
1  xx
10   x
1xxxx
4keine Angaben

Etwa 58% der Betriebe würden ihr System zur Geburtsüberwachung uneingeschränkt weiterempfehlen, circa 38% mit Einschränkungen und ca. 4% geben keine Empfehlung für das verwendete System.

An den Systemen wird besonders geschätzt, dass ihr Einsatz nicht ortsgebunden stattfinden muss. Damit kann die Überwachung störungsfrei für die Tiere erfolgen. Die Zuverlässigkeit der meisten Systeme wird als positiv empfunden. Bei den Videokameras werden das Mitverfolgen des Geburtsverlaufes und die Möglichkeit einer retrospektiven Nachverfolgung über gespeichertes Bildmaterial ebenfalls als Vorteile gewürdigt.

Auf die Frage, ob sich am Geburtsmanagement etwas geändert hat, antworteten siebzehn Prozent der Betriebe, dass Schwergeburten schneller erkannt und Geburtshilfe zeitnah geleistet werden kann. Positiv wurde die schnelle Nachsorge von Kuh zur Vorbeugung von Stoffwechselstörungen und die zeitnahe Versorgung des Kalbs mit Kolostrum erwähnt. Zusätzlich berichten Betriebsleiter von mehr Zeit für Familie und Hobbys.

Je nach System wurde die Installation und Einrichtung als schwierig empfunden. Probleme können aus schlechter Netzabdeckung oder einem störungsempfindlichen WLAN resultieren. Als störend wird bei den Videokameras empfunden, dass keine Geburtsmeldung erfolgt, die Kontrolle also weiterhin durch den Menschen durchgeführt werden muss. Die Anbringung der Geburtsmelder am Schwanz wird von verschiedenen Teilnehmern als Problem identifiziert, da ein zu festes Anziehen des Sensors zu Abschnürungen des Schwanzes, ein zu loses Anziehen zum Verlust des Sensors führen können. 

Betriebe, welche angaben, keine technischen Systeme zur Geburtsüberwachung zu verwenden, wurden gefragt, weshalb sie diese Systeme nicht verwenden. Als Gründe hierfür wurden Investitionskosten, die große Gesamtzahl technischer Systeme, die Meldungen abgeben, die Unfähigkeit der Kommunikation dieser Systeme, fehlende Informationen über verfügbare Systeme und die guten Erfahrungen mit der bisher durchgeführten Geburtsüberwachung genannt.

Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass die Erfahrungen mit technischen Systemen zur Geburtsüberwachung generell positiv sind, auch wenn die verschiedenen Systeme Unterschiede in Bezug auf die Zuverlässigkeit und mögliche Schwachstellen aufweisen. Eine betriebsindividuelle Lösung kann die Arbeitskräfte des Betriebes entlasten und sich positiv auf das Tierwohl auswirken. Eine bessere Informationslage zu möglichen Systemen der Geburtsüberwachung und mehr Wissen über die verschiedenen Einsatzmöglichkeiten der im Betrieb schon befindlichen Systeme könnte den Einsatz in der Praxis deutlich erhöhen.