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Rechtliche Grundlagen (Gesetze, Verordnungen, Leitlinien und Empfehlungen)

Mit Blick auf den Witterungsschutz gibt es unterschiedliche Vorgaben, die teils rechtlich bindend, teils als Empfehlungen anzusehen sind.

Nationale Ebene

In Deutschland bilden das Tierschutzgesetz (TierSchG, 2020) und die Tierschutznutztierhaltungsverordnung (TierSchNutztV, 2021) die rechtliche Grundlage:

  • TierSchNutztV §3 Abs. 2 Nr. 3 „Haltungseinrichtungen müssen so ausgestattet sein, dass den Tieren, soweit für den Erhalt der Gesundheit erforderlich, ausreichend Schutz vor widrigen Witterungseinflüssen geboten wird und die Tiere, soweit möglich, vor Beutegreifern geschützt werden, wobei es im Fall eines Auslaufes ausreicht, wenn den Nutztieren Möglichkeiten zum Unterstellen geboten werden.
  • TierSchG §2 Nr. 1 „Wer ein Tier hält, betreut oder zu betreuen hat, (1) muss das Tier seiner Art und seinen Bedürfnissen entsprechend angemessen ernähren, pflegen und verhaltensgerecht unterbringen.“
  • TierSchG §1 „Niemand darf einem Tier ohne vernünftigen Grund, Schmerzen, Leiden oder Schäden zufügen.“

TierSchNutztV (2021) und TierSchG (2020) sind rechtlich bindend. Die TierSchNutztV gilt nur für die Haltung von Nutztieren zu Erwerbszwecken, wohingegen das TierSchG für jegliche Tiere -also auch nicht erwerbsmäßige Tierhaltung (Hobbyhaltungen) und die Haltungen zur Landschaftspflege und Naturentwicklungsprojekte gilt.

Orientierung bietet auf nationaler Ebene, jedoch ohne rechtsverbindlichen Charakter die Leitlinie zur ganzjährigen Freilandhaltung (TVT Merkblatt 85, 2006):

  • Die ganzjährige Weidehaltung bei Rindern erfordert einen Witterungsschutz.
  • Schutz vor Unterkühlung ist einfacher zu erhalten als überschüssige Wärme aus dem Körper abzutransportieren
  • Die Liegedauer wird im Mittel mit ca. 10 Stunden angenommen, wobei die Aktivität der Rinder tagsüber am größten ist.

Internationale Ebene

Auf europäischer Ebene existiert eine Empfehlung:

Die Europaratsempfehlung (EUROPÄISCHES ÜBEREINKOMMEN ZUM SCHUTZ VON TIEREN IN LANDWIRTSCHAFTLICHEN TIERHALTUNGSEMPFEHLUNG FÜR DAS HALTEN VON RINDERN angenommen vom Ständigen Ausschuss auf dessen 17. Tagung am 21. November 1988) gilt u.a. für alle Rinder in landwirtschaftlichen Tierhaltungen. In

Artikel 16 der Empfehlung wird auf den Witterungsschutz wie folgt Bezug genommen:

„1. Werden Rinder im Freien auf Weiden ohne natürlichen Schutz oder ohne Schatten gehalten, so sollte ein künstlicher Schutz gegen Witterungseinflüsse bereitgestellt werden.

2. Weiden sollten so ausgewählt und bewirtschaftet werden, dass sichergestellt ist, dass die weidenden Tiere weder physischen noch chemischen oder sonstigen Gesundheitsgefährdungen ausgesetzt sind, die der Betreuer verhindern kann.“

Darüber hinaus gibt es:

Als Beispiel aus dem Ausland kann auch der Auszug eines Verwaltungsgerichtsurteiles aus der Schweiz herangezogen werden (Das Bundesamt für Veterinärwesen, Schweiz, 2004):
„…hält in seiner Stellungnahme vom 5. August 2003 fest, dass bei einer relativen Luftfeuchtigkeit von 70%, wie sie an einem heißen und trockenen Sommertag üblich sei, der Hitzestress für Milchkühe bei ca. 24 °C Lufttemperatur im Schatten beginne. Bei 29 °C im Schatten werde bereits ein deutlich belastender Zustand erreicht. Ab 35.5 °C bestehe sehr starker Hitzestress mit akuter Lebensgefahr. Für Kühe und Kälber in Mutterkuhhaltung seien diese Temperaturangaben mit kleinen Anpassungen nach oben anwendbar.“

Flächenbedarf für den Witterungsschutz

Für den Platzbedarf beim Witterungsschutz für Rindern existieren keine rechtlich bindenden Vorgaben, sondern lediglich Empfehlungen, die sich teilweise erheblich unterscheiden.

Um Richtwerte für Platzbedarf zum Liegen im Schatten zu erhalten, gibt es zahlreiche, unterschiedliche Werte aus der Literatur, die teils auf die Liege- und teils auf die Grundfläche abzielen. Die Flächenangaben gehen dabei teilweise weit über die Vorgaben hinaus, die z.B. in der ökologischen Stallhaltung für Rinder gefordert sind. Mit Blick auf das Tierwohl, die Praktikabilität der Umsetzung und die Nachhaltigkeit wurden folgende Empfehlung daraus abgeleitet:

Empfehlung zum Flächenbedarf für Witterungschutz vor Hitze bei Mutterkühen

  • Zur Tageszeit der höchsten Hitzebelastung (i.d.R. nachmittags) müssen alle Tiere Zugang zu einem Schattenplatz haben.
  • Als Mindestfläche für eine Kuh im Schatten empfehlen sich idealerweise 4 m², die in Abhängigkeit von der Herdengröße, der Körpermasse, des Sozialverhaltens, Behornung etc. nach oben oder unten korrigiert werden kann. Für Kälber sollte der Empfehlung des LAVES (2000) mit 1 m² pro Tier gefolgt werden.

Im folgenden wurden Quellen für die Entscheidungsfindung zusammengetragen und bewertet:  

Tabelle 1: Leitlinien (TVT Merkblatt 85, 2006)
Lebendgewicht (kg) bzw. AlterLiegefläche pro Kuh bzw. Kalb
 unbehorntbehornt
bis 500 kg4 m²5 m²
600 kg5 m²7 m²
über 700 kg6 m²8 m²
Kalb < 2 Monate1 m²1 m²
Kalb > 2 Monate2 m²2 m²

 

Tabelle 2: LAVES, Niedersachsen (2000)
Lebendgewicht (kg) bzw. AlterLiegefläche pro Kuh bzw. Kalb
 unbehorntbehornt
600 kg3 - 4 m²4 - 5,2 m²
750 kg4 - 5 m²5,2 - 6,5 m²
nicht abgesetze Kälber1 m²1 m²

 

Tabelle 3: Zeeb(1995)

Großvieheinheiten 

(1 GV = 500 kg Lebendgewicht)

Grundfläche pro GV*
bis zu 10 GV4 m²
bis zu 20 GV3,5 m²
über 20 GV3 m²

 

ARMSTRONG (1994)
  • 3,5-6,5 m² als Schattenplatz je Kuh