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Nottötung

7.1 Nottötung

Es bleibt nicht immer aus, dass sich Tiere so schwer verletzen oder erkranken, dass eine Nottötung notwendig ist. Eine Nottötung ist eine tierschutzgerechte Tötung von kranken und verletzten Tieren im Bestand. Sie bezeichnet das Betäuben und Töten, wenn es keine andere praktikable Möglichkeit gibt, dem Tier Schmerzen und Leiden zu vermindern. Die Nottötung erfüllt keinen gewerblichen Zweck, sondern wird immer im Einzelfall mit vernünftigem Grund entschieden. Ist die Entscheidung gefallen, dass keine Behandlung mehr erfolgt und das Fleisch eines Tieres genussuntauglich ist z. B. durch eine entzündliche oder ansteckende Erkrankung, oder weil die Wartezeit von Medikamenten noch nicht vorüber ist, kann keine Schlachtung erfolgen.

Für die Nottötung von Rindern kommen das Einschläfern (tödliche Injektion) durch den Tierarzt oder die Betäubung durch Bolzenschuss gefolgt von einer Tötung durch Blutentzug oder Zerstörung des Rückenmarks von einer Person mit Sachkenntnis in Frage. Der Tierkörper und ggf. das Stichblut müssen in der Tierkörperbeseitigungsanlage entsorgt werden.

Tiefergehende Informationen zur Nottötung:

DLG Merkblatt 459 „Umgang mit kranken und verletzten Rindern“

7.2 Notschlachtung

Eine Notschlachtung setzt voraus, dass ein ansonsten gesundes Tier einen Unfall erlitten hat, der seine Beförderung zum Schlachtbetrieb aus Gründen des Tierschutzes verhindert. Es muss in jedem Fall eine Schlachttieruntersuchung („Lebendbeschau“) durch einen amtlichen Tierarzt erfolgen. Die „Notschlachtung“ nach dem Lebensmittelrecht ist damit nicht mit der „Nottötung“ im Sinne des Tierschutzrechtes gleichzusetzen. Bei einer Notschlachtung ist das Fleisch des Tieres genusstauglich unter der Voraussetzung, dass die nachfolgenden Bedingungen erfüllt sind. Die gesetzlichen Grundlagen zur Schlachtung von Nutztieren sind in Kap. VI des Anhang III der EU Verordnung EG Nr. 853/2004 festgelegt.

  • Bedingungen:
    • bei Tieren mit frischen Verletzungen, die schwer zu heilen sind z. B. Knochenbruch, Ausgrätschen, akuter Gebärmuttervorfall, große stark blutende Wunden. Das Tier ist nicht transportfähig
    • das Ereignis darf nicht länger als 24 h her sein
    • das sonstige Allgemeinbefinden des Tieres ist gut
  • Ablauf:
    • Der amtliche Tierarzt muss eine Schlachttieruntersuchung („Lebendbeschau“) des Tieres durchführen und bei der Betäubung und Entblutung durch den Schlachter anwesend sein.
    • Anschließend muss er eine Bescheinigung für die Notschlachtung ausstellen, in der die Befunde und der Entblutezeitpunkt vermerkt sind (Begleitpapier nach Anlage 8 der „Tierischen Lebensmittelhygieneverordnung“-TierLMHV bzw. Anhang IV, Kap. 5 der DVO (EU) 2020/2235).
    • Der Landwirt muss die Lebensmittelketteninformation („Standarderklärung“ – Anlage 7 TierLMHV) ausfüllen und dabei u.a. mit seiner Unterschrift bestätigen, dass in den letzten 7 Tagen keine Wartezeiten für Arzneimittel bestanden haben bzw. welche Arzneimittel verabreicht wurden, bei denen in den letzten 7 Tagen die Wartezeit abgelaufen ist.
    • Der Hoftierarzt darf diese Bescheinigung seit 2021 nur noch ausstellen, wenn er vom zuständigen Veterinäramt zum „amtlichen Tierarzt“ für Notschlachtungen ernannt worden ist. (Hinweis: Es kann beim zuständigen Veterinäramt erfragt werden, welche dort niedergelassenen Tierärzte zu amtlichen Tierärzten ernannt wurden).
    • Das Tier wird durch den Schlachter mittels Bolzenschuss betäubt und mittels Blutentzug getötet.
    • Das geschlachtete Tier und das Stichblut müssen unter hygienischen Bedingungen innerhalb von 2 Stunden zum Schlachthof transportiert werden. Dort findet umgehend die weitere Verarbeitung statt.

Bei verunfallten Kühen im letzten Trächtigkeitsdrittel ist keine Schlachtung möglich, da die zeitnahe Tötung des ungeborenen Kalbes gewährleistet werden muss. Die Tötung erfolgt durch speziell zugelassene Medikamente (Euthanasie).

 

7.3 Hausschlachtung

Bei der Schlachtung von Rindern für die private Verwendung im eigenen Haushalt (Hausschlachtung) ist normalerweise keine amtliche Schlachttieruntersuchung („Lebendbeschau“) erforderlich. Wenn das Tier allerdings ein gestörtes Allgemeinbefinden aufweist, muss der Tierhalter eine „Lebendbeschau“ durch einen amtlichen Tierarzt durchführen lassen. Kranke Tiere (z. B. Rinder mit Fieber) dürfen keinesfalls für den menschlichen Verzehr geschlachtet werden, auch nicht für den Eigenverbrauch.

Produkte aus einer Hausschlachtung dürfen auch von schlachttauglichen Tieren grundsätzlich nicht an Personen außerhalb des Haushalts weitergegeben werden.

Betäubung und Tötung müssen durch eine Person mit Sachkenntnis erfolgen (bei Dienstleistung: Sachkundenachweis). Die weiteren Schlachtarbeiten und die Zerlegung und Verarbeitung müssen bei einer Hausschlachtung nicht auf einem zugelassenen Schlachtbetrieb ausgeführt werden.

Es muss jedoch immer eine Fleischuntersuchung („Fleischbeschau“) durch einen amtlichen Tierarzt stattfinden und falls die Hausschlachtung aufgrund eines Unfalls (Notschlachtung) stattfindet, muss bei Rindern, die über 4 Jahre alt sind, ein BSE-Test durchgeführt werden. Tierische Nebenprodukte und Risikomaterial müssen fachgerecht entsorgt werden (Tierkörperbeseitigung).

Weitere Informationen sind in den gesetzlichen Grundlagen zur Schlachtung von Nutztieren in der EU-Verordnung (EG) Nr. 853/2004 und der TierLMHV aufgeführt.

 

7.4 Mobile Schlachtung

Seit 09.09.2021 gelten die neuen EU-Regelungen zur mobilen Schlachtung (Kapitel VIa der Anlage III der Verordnung(EG) 853/2004).   

Das Genehmigungsverfahren und die Rechtsgrundlagen sind ausführlich im neuen Hessischen Leitfaden vom 09. Mai 2024 beschrieben. 

zum Leitfaden "Hessischer Leitfaden zur Schlachtung im Herkunftsbetrieb"

Bei Schlachtungen im Herkunftsbetrieb nach Kapitel VIa des Anhang III der Verordnung (EG) Nr. 853/2004 handelt es sich ausdrücklich nicht um eine Regelung für Notschlachtungen. Dies zeigt die Tatsache, dass jede Schlachtung mindestens 3 Tage vorher angemeldet werden muss und hier ein anderes Begleitpapier ausgefüllt werden muss (Anhang IV, Kap. 3 der DVO (EU) 2020/2235).

Kranke Tiere dürfen auch mobil nicht geschlachtet werden. Schlachtkühen mit gering- bis mittelgradiger Lahmheit, aber mit ungestörtem Allgemeinbefinden kann jedoch im Einzelfall durch eine vorab genehmigte Schlachtung im Herkunftsbetrieb ein langer Lebendtransport zum Schlachthof erspart werden. Dies gilt jedoch nur, wenn sie fieberfrei sind und vom amtlichen Tierarzt die Schlachtfähigkeit bestätigt wird. Die Lahmheit sollte als relevanter Vorbefund auch in die Lebensmittelketteninformation (Standarderklärung) und in das Begleitpapier nach Anhang IV, Kap. 3 der DVO (EU) 2020/2235 eingetragen werden.