Entscheidung zum weiteren Vorgehen
Grundsätzlich ist bei jeder Krankheit bzw. bei jedem Unfall abzuwägen, ob ein Tierarzt hinzuzuziehen ist.
Bei geringgradigen Gesundheitsstörungen, vor allem solchen mit Aussicht auf Selbstheilung, können neben gründlicher Beobachtung eigene, einfache Behandlungsversuche (z. B. Anlegen eines Verbandes, Wunddesinfektion, physikalische Therapiemaßnahmen wie Wärme- oder Kälteapplikation etc.) durchgeführt werden. Wenn sich das Allgemeinbefinden jedoch nicht verbessert, ist das Tier einem Tierarzt vorzustellen.
Hochgradige Gesundheitsstörungen bedürfen immer, schon allein aus Gründen des Tierschutzes, einer tierärztlichen Beurteilung und gegebenenfalls Versorgung.
Wichtig ist die korrekte Erfassung der Gesamtsituation des Tieres (siehe Untersuchungsgang) und die Einhaltung der Prämisse, im Zweifelsfall immer die Hilfe des Tierarztes in Anspruch zu nehmen. Die nachfolgende Tabelle listet einige Beispiele zur Einstufung des Schweregrades einer Erkrankung auf.
Leicht | Deutlich |
Leichte Lahmheit (Tier schont Gliedmaße leicht) | Deutliche Lahmheit (Gliedmaße wird deutlich erkenntlich geschont) |
Kleinflächige, oberflächige Wunden ohne Fieber | Großflächige oder tiefe Wunden, Wunden mit Fieber, nicht heilende oder eiternde Wunden |
Leichter Husten oder Durchfall ohne Fieber | Starker Husten oder Durchfall, Fieber |
Leichter Nabelbruch mit normalem Allgemeinzustand | Leichter Nabelbruch mit beeinträchtigten Allgemeinzustand |
Leichte Umfangsvermehrungen ohne Fieber | Deutliche Umfangsvermehrungen mit oder ohne Fieber |
Abgelöste Hornschale mit entsprechender Wundversorgung und ohne Komplikation | Hornabbruch und Hornverletzungen mit Komplikationen |
Leichte Verhaltens- und Haltungsänderungen | Apathie oder deutlich unübliche Haltung |
Leichter, zeitweiser Schleimhaut- oder Organvorfall (Scheidenvorfall, Nabelbruch) ohne Verletzungen/Entzündungen und ohne Komplikationen | Andauernder oder akuter Organvorfall mit Komplikationen |
Knochenbruch | |
Festliegen, Hinterhandlähmung | |
Komplikationen bei leichten Störungen, ausbleibende Heilung |
Wurde das kranke oder verletzte Tier im Bestand identifiziert, sein Zustand beurteilt und ein Tierarzt hinzugezogen, muss immer auch eine Prognose erstellt werden. Auf Basis dieser Prognose lässt sich nicht nur entscheiden, ob Behandlungsmaßnahmen eingeleitet werden müssen, sondern auch, ob eine Behandlung sinnvoll ist, also eine valide Wahrscheinlichkeit zur Ausheilung besteht. Die Behandlung kann in der Herde, in einer Genesungsbucht oder in einer Tierklinik erfolgen. Es besteht die Möglichkeit kranke Tiere schonend in eine Klinik zu transportieren.
Ist die Wahrscheinlichkeit gering, dass eine Behandlung zur schnellen Besserung und Ausheilung führt, muss entschieden werden, ob das Tier transportfähig und das Fleisch des Tieres genusstauglich ist. Danach ergeben sich wie in der nachfolgenden Grafik dargestellt die Optionen Nottötung, Not-/Hausschlachtung oder Transport und Schlachtung am Schlachthof.