Gesetzliche Verpflichtung
Gesetzlich sind die Gründe für einen gezielten Umgang mit kranken und verletzten Tieren im Tierschutzgesetz (TierSchG) beschrieben: § 1 „Zweck dieses Gesetzes ist es, aus der Verantwortung des Menschen für das Tier als Mitgeschöpf dessen Leben und Wohlbefinden zu schützen. Niemand darf einem Tier ohne vernünftigen Grund Schmerzen, Leiden oder Schäden zufügen.“
Im Folgenden werden zum besseren Verständnis, die fett markierten Begriffe erläutert:
Wohlbefinden: Das Tier kann Normalverhalten ausführen, ist gesund und hat die Möglichkeit positive Emotionen zu erfahren. Zustand der Abwesenheit von Schmerzen, Leiden und Schäden.
Schmerzen: Unangenehme Empfindung, die beispielsweise auf einer tatsächlichen oder drohenden Gewebeschädigung auftreten kann. Schmerzen können kurz andauern z. B. durch äußere Einwirkung (Schlagen, Rangkämpfe, Elektrozaun) oder länger anhalten kann z. B. durch Verletzungen oder Erkrankung (z. B. Euterentzündung, Klauenerkrankung).*
Leiden: Unangenehme Empfindung, z. B. dauerhaft: Hunger, Durst, Erschöpfung, Hitzestress und Furcht. Dazu gehört auch Unsicherheit, wenn die Umweltbedingungen für das Tier nicht vorhersehbar oder kontrollierbar sind (Unfähigkeit bestimmte Verhaltensweisen auszuführen z. B. Komfortverhalten, Isolation, negative Erfahrungen mit Menschen, Transport).*
Schäden: Beeinträchtigung der körperlichen Unversehrtheit: von außen sichtbare Veränderungen z. B. Verletzungen der Haut, Schwellungen, Organvorfälle, starke Abmagerung oder innere Veränderungen z. B. der Organe, Schleimhäute oder krankhafte Veränderung des Stoffwechsels.*
* Wohlbefinden, Schmerzen, Leiden und Schäden treten in unterschiedlichem Maß auf, nicht nach dem Schwarz-/Weiß-Prinzip. Sie können auf einem Kontinuum von bspw. „sehr“ schmerzhaft bis „nicht“ schmerzhaft auftreten und bewertet werden, wobei die Übergänge zwischen Wohlbefinden und negativen Empfindungen fließend sind. Es ist nur eine vergleichende Bewertung möglich z. B. wie ging es dem Tier vor zwei Wochen und wie geht es ihm jetzt? Oder wie geht es dem Tier im Vergleich zu anderen Tieren der Herde? Es gibt keine Umweltbedingung, in der es nicht zu Schmerzen, Leiden und Schäden kommen kann. Sie gehören in gewissem Ausmaß zum natürlichen Leben dazu. Es kommt also darauf an, wie groß das Ausmaß und die Dauer der Einschränkungen für das Tier ist und wie gut die Fähigkeiten des Tieres sind mit der Einschränkung umzugehen.
Weiterhin steht in § 2 Abs. 1 des Tierschutzgesetzes: „Wer ein Tier hält, betreut oder zu betreuen hat, muss das Tier seiner Art und seinen Bedürfnissen entsprechend angemessen ernähren, pflegen und verhaltensgerecht unterbringen…“. Die Bedürfnisse eines erkrankten oder verletzten Tieres können von denen gesunder Tiere abweichen. Es müssen dementsprechend andere Haltungs-, Fütterungs- und Pflegemaßnahmen erfolgen.
Die Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung (TierSchNutztV) enthält Hinweise zur Häufigkeit der Kontrolle der Tiere:
Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung (TierSchNutztV)
Wer Nutztiere hält, hat vorbehaltlich der Vorschriften der Abschnitte 2 bis 6 sicherzustellen, dass
- für die Fütterung und Pflege der Tiere ausreichend viele Personen mit den hierfür erforderlichen Kenntnissen und Fähigkeiten vorhanden sind;
- das Befinden der Tiere mindestens einmal täglich durch direkte Inaugenscheinnahme von einer für die Fütterung und Pflege verantwortlichen Person überprüft wird und dabei vorgefundene tote Tiere entfernt werden;
- soweit erforderlich, unverzüglich Maßnahmen für die Behandlung, Absonderung in geeignete Haltungseinrichtungen mit trockener und weicher Einstreu oder Unterlage oder die Tötung kranker oder verletzter Tiere ergriffen werden sowie ein Tierarzt hinzugezogen wird;
…
(2) Wer Nutztiere hält, hat unverzüglich Aufzeichnungen über das Ergebnis der täglichen Überprüfung des Bestandes sowie alle medizinischen Behandlungen dieser Tiere und über die Zahl der bei jeder Kontrolle vorgefundenen verendeten Tiere, insbesondere über Anzahl und Ursache von Tierverlusten, zu führen. Diese Aufzeichnungen sind entbehrlich, soweit entsprechende Aufzeichnungen auf Grund anderer Rechtsvorschriften zu machen sind. Die Aufzeichnungen nach Satz 1 sind ab dem Zeitpunkt der jeweiligen Aufzeichnung mindestens drei Jahre aufzubewahren und der zuständigen Behörde auf Verlangen vorzulegen.
Weiterhin gelten, wenn es um die Frage geht, ob das Tier transportiert und geschlachtet werden kann oder notgetötet werden muss, folgende Gesetze:
- EU-Verordnung zum Schutz der Tiere beim Transport und damit zusammenhängenden Vorgängen (EG VO 1/2005)
- Tierschutztransportverordnung
- EU-Verordnung zum Schutz der Tiere zum Zeitpunkt der Tötung (EG VO 1099/2009)
- Tierschutzschlachtverordnung
Auf die spezifischen Regelungen wird an den entsprechenden Punkten im Folgenden näher darauf eingegangen bzw. auf Verlinkungen hingewiesen.