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Die Erwartungen eines weiteren Temperaturanstiegs in den kommenden Jahren zusammen mit voraussichtlich intensiveren und längeren Hitzeperioden machen den Umgang mit Hitzestress bei Milchkühen zu einem wichtigen Thema. Die Auswirkungen auf Leistung und Wohlbefinden sind sehr vielfältig.

Entstehung von Hitzestress

Durch die Wärmeabgabe über die Haut, Schwitzen und die Atmung können Kühe ihre Körpertemperatur auf einem relativ stabilen Niveau um 38,5 °C (+/- 0,5 °C) halten. Überschreitet die Umgebungstemperatur allerdings den Optimalbereich, der je nach Leistung zwischen ca. 0 – 14°C liegt, ist ihre Anpassungsfähigkeit gefordert. Die Wärme kann mit zunehmender Temperatur nur noch eingeschränkt abgegeben werden. Kann die selbstproduzierte und aufgenommene Wärme nicht mehr in ausreichendem Maße an die Umgebung abgegeben werden, wird von Hitzestress gesprochen. Bei der Entstehung von Hitzestress müssen allerdings neben der Umgebungstemperatur gleichermaßen die relative Luftfeuchte und die Luftgeschwindigkeit, aber auch tierindividuelle Unterschiede (z. B. Leistung) berücksichtigt werden. Wie in Abbildung eins dargestellt, verschiebt sich mit jeder Leistungserhöhung um 10 kg der optimale Temperaturbereich um ca. 4°C.

 

 

Temperatur-Luftfeuchte-Index (THI) 

Um Hitzestress einschätzen und auf dessen Grundlage auch konkrete Maßnahmen ergreifen zu können, kann der Temperatur-Luftfeuchte-Index (engl. Temperature-Humidity-Index,THI) zu Rate gezogen werden. Der THI lässt sich aus der Umgebungstemperatur und der relativen Luftfeuchte berechnen. In der nachfolgenden Grafik ist dargestellt bei welcher Temperatur und Luftfeuchtigkeit milder, mäßiger bzw. starker Hitzestress bei der Milchkuh zu erwarten ist. Je höher dabei die relative Luftfeuchte ist, desto niedriger ist die obere Temperatur, ab welcher Hitzestress empfunden wird.

Reduzierung der Wärmebelastung 

Die Belastung der Tiere durch hohe Temperaturen in Verbindung mit anderen Faktoren kann zu erheblichen Einschränkungen des Wohlbefindens führen. Die rechtzeitige Einschätzung der Situation und die Umsetzung von Maßnahmen zur Reduzierung der Belastung in den Ställen sind von großer Bedeutung.

Für die rechtzeitige Einschätzung der Situation ist es hilfreich neben einer intensiven Tierbeobachtung, Anzeichen auf Hitzestress wie Temperatur und Luftfeuchte im Aufenthaltsbereich der Kühe kontinuierlich zu erfassen und grenzwertabhängige Alarmsysteme zu installieren.

Zu den wichtigsten Maßnahmen zur Reduzierung der Wärmebelastung zählen die Kühlung durch Ventilatoren sowie die Verdunstungskühlung.

Die Anordnung der Ventilatoren im Stall richtet sich nach der Lüftungsleistung und der Lüfterart (Horizontal oder Vertikallüfter), wobei die maximale Reichweite der Horizontallüfter 15 m meist nicht übersteigt. Eine Installation kann in Längsausrichtung oder Querausrichtung des Stalles erfolgen. Durch eine Queranordnung kann zwar die Querlüftung unterstützt werden, es sind aber mehr Ventilatoren notwendig und es entstehen potentiell höhere Ammoniakemissionen dadurch, dass die Laufflächen einem stärkeren Luftstrom ausgesetzt sind. Beim Einsatz der Verdunstungskühlung durch z. B. eine Sprühkühlung ist zu beachten, dass die Kühlungswirkung umso höher ist, je wärmer und trockener die Umgebungsluft ist. Generell werden die Hochdruckvernebelung mit feinsten Tröpfchen von den Niederdruck-Anlagen mit höheren Tropfengrößen unterschieden. Bei der Verneblung wird die Stallluft abgekühlt, wobei die Luftfeuchtigkeit erhöht wird. Bei sehr hoher Luftfeuchtigkeit ist die Kühlleistung sehr gering.

Vorbeugend können auch bauliche Maßnahmen das Eindringen von Wärme in den Stall reduzieren. Neben hellen Stalldächern, welche das Licht besser reflektieren und damit die Erhitzung der Dachfläche reduzieren, können auch entsprechende Isolierungs- und Dämmmaßnahmen die Abgabe von Dachflächenwärme erheblich verringern. Auch eine Gründacheindeckung fungiert als Dämmschicht und lässt sich u. U. als Ausgleichsfläche für versiegelte Flächen anrechnen und könnte so finanziell interessant werden.

Streuende Lichtplatten im Dach reduzieren einen punktuellen Wärmeeintrag durch Strahlung, der z. B. durch Lichteinfall direkt in die Liegeboxen auftritt. Das zusätzliche Überdachen von offenen Firsten verhindert auch das direkte Einstrahlen von Licht und damit von Wärme. Rollos und Windschutznetze mit denen die Luftrate im Stall angepasst werden kann, sind ebenfalls förderlich.

Zusätzlich lassen sich durch Beschattung der Dachflächen deutliche Verbesserungen im Stallklima erzielen. Dies lässt sich z. B. hervorragend durch Photovoltaik-Anlagen erzielen. Durch Aufdachmontage mittels Abstandhalter wird ein belüfteter Raum geschaffen, der zusätzlich isolierend wirkt. Die Anschaffung gestaltet sich zwar kostenintensiv, allerdings lässt sich durch die Einnahmen durch entstehenden Strom eine gewisse Refinanzierung erzielen.

Weitere Informationen zu Hitzestress bei Rindern

Verbundprojekt Hitzestress bei Rindern – Technische Maßnahmen
Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL)
Ventilatoren für den Einsatz im Milchviehstall
Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL)

 

 

Hitzestress im Milchviehstall
Online Seminar der Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL)

 

 

Beiträge zum Thema Stallklima in der Tierhaltung 2020
Landesforschungsanstalt für Landwirtschaft und Fischerei Mecklenburg-Vorpommern (LFA)
13 Ventilatoren zur Kühlung von Rinderställen - Messbericht HBLFA Raumberg-Gumpenstein
Höhere Bundeslehr- und Forschungsanstalt für Landwirtschaft Raumberg-Gumpenstein (HBLFA Raumberg-Gumpenstein)
Optimierung der Tierumwelt unter Berücksichtigung des Stallklimas
Landesforschungsanstalt für Landwirtschaft und Fischerei Mecklenburg-Vorpommern (LFA)
DLG-Merkblatt 450: Vermeidung von Hitzestress bei Milchkühen
Deutsche Landwirtschafts-Gesellschaft (DLG e.V.)
Abschlussbericht - Optimierung der Tierumwelt mit Hilfe von Verhalten und Physiologie
Landesforschungsanstalt für Landwirtschaft und Fischerei Mecklenburg-Vorpommern (LFA)