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Kupierverzicht, Buchtenstrukturierung, Außenklimastall

Netzwerktreffen der Impulsbetriebe Schwein in Baden-Württemberg

Beim Präsenztreffen der Impulsbetriebe Schwein trafen sich 21 Personen von insgesamt neun Impulsbetrieben in der Region Hohenlohe in Baden-Württemberg. Gastgebender Betrieb des Netzwerktreffens war Markus Wilhelm aus Mulfingen-Hohenrot. Neben den Betriebsleiter*innen nahmen auch eine Vertreterin der DLG, zwei Tierwohlmultiplikatorinnen (vom LAZBW Boxberg) sowie zwei Tierärztinnen (Bestandsbetreuung) an dem Treffen teil.

Wie bei den Netzwerktreffen üblich, fand am Nachmittag des ersten Tages ein kollegialer Austausch statt. Im Betrieb von Jens-Walter Bohnenkamp wird der Einsatz von Stroh in verschiedenen Varianten ausprobiert. Zum Teil kommen Stroh-Briketts zum Einsatz, die über Heuraufen angeboten und von den Tieren gut angenommen werden. In den Ställen mit Spaltenböden kann dies aber dazu führen, dass die Gülle nicht mehr so gut abfließt und von daher in regelmäßigen Abständen aufgerührt werden muss. Im Betrieb von Reinhard Brunner, der seine Schweinemast nach den Vorgaben der Öko-Verordnung betreibt, gehört der Langschwanz zum Alltag. Der ehemals konventionelle Maststall wurde so umgebaut, dass die Tiere einen teilüberdachten Auslauf nutzen können. Auch bei kalten Temperaturen wird der mit reichlich Stroh eingestreute Auslauf gerne angekommen. Die Aufzucht von Babyferkeln mit Langschwanz im Betrieb von Josef Mertens wurde bereits auf dem Netzwerktreffen im Mai den Kolleg*innen vorgestellt. Josef Mertens ist mit den zwei Hütten für je 40 Tiere sehr zufrieden und hat diese im Sommer auch im Freien aufgestellt. Somit gelingt es ihm, Langschwanztiere für seine Mast aufzuziehen. Jochen Meyer präsentierte den Anwesenden die Umstrukturierung seines konventionellen Maststalles. Die ursprünglichen Buchten wurden entfernt, um den Tieren in den Großbuchten besser getrennte Funktionsbereiche anbieten zu können. Ein Auslauf für die Schweine ist in Planung. Auf dem Betrieb von Jonas Niebel werden 160 Sauen gehalten, daran schließen sich Ferkelaufzucht und Mast an. In der Schweinemast konnte in den vergangenen Jahren ein emissionsarmer Stall mit einem überachten Auslauf (Außenklimareiz) realisiert werden. Ralf Remmert, der in den vergangenen Jahren immer viel neues ausprobierte, stellt seine auf Zuckerbasis hergestellten Beutel vor. Diese ermöglichen es, den Tieren Rohfaserhaltige und auch stückige Futtermittel (z.B. ganze Möhren) zu dosieren und zukünftig automatisiert vorzulegen.
Der Austausch zwischen den Teilnehmenden war wieder sehr intensiv, konstruktiv und wertschätzend.

Da die aktuelle Lage am Markt sich in den vergangenen Wochen und Monaten als sehr belastend darstellte, hatte Ralf Remmert eine Excel-Tabelle vorbereitet. Mit Hilfe dieser Tabelle behält er im eigenen Betrieb seine Kosten im Blick. Diese Art von Controlling ermöglicht es ihm als Betriebsleiter schnell zu realisieren, wenn sich ändernde Produktionskennzahlen dazu führen, dass die Deckungsbeiträge sich ändern. Bei sinkenden Deckungsbeiträgen ist zu überlegen, ob an irgendeiner Stelle Kosten eingespart werden können oder ob langfristig grundsätzliche Änderungen vorgenommen werden müssen. Mit dieser Art von Controlling haben Betriebsleiter schnell einen guten Überblick über die Rentabilität der Tierhaltung. Dies hilft auch in der Argumentation gegenüber Abnehmern, dass bei kostenintensiven Tierwohlmaßnahmen die Erzeugerpreise angepasst werden müssen.

Am Vormittag des zweiten Tages öffnete Familie Wilhelm ihren Betrieb mit Sauenhaltung (440 Sauen) und Ferkelaufzucht. Im Rahmen eines EIP Projektes in Baden-Württemberg hatte der Betriebsleiter Markus Wilhelm die Chance ergriffen, den Deck- und Wartebereich neu zu bauen. Dieser Bereich wurde für 144 Sauen konzipiert. Die Stallfläche ist in diesem Bereich planbefestigt und wird über einen Überflurschieber entmistet. Zum Liegen stehen den Tieren Liegekisten, die je nach Temperatur, oben geöffnet werden können, zur Verfügung. Die Kisten sind mit Stroh eingestreut. Dazu befindet sich über den Liegekisten ein Laufgang, auf dem auch das Stroh gelagert und per Hand über Luken in die Kisten abgeworfen werden kann.

In der weiteren Planung befindet sich der Abferkelbereich. Noch sind die Ferkelschutzkörbe vorhanden, erste Erfahrungen mit der freien Abferkelung wurden aber bereits in einer „Versuchsbucht“ unternommen. Die Ergebnisse waren so, dass Markus Wilhelm es sich nun zutraut, auch eine größere Anzahl von Sauen frei abferkeln zu lassen.

Um das Wissen im Bereich der Tierhaltung weiterzugeben, empfängt Markus Wilhelm regelmäßig Schüler*innen des ersten Lehrjahres, die ihren Praxistag auf dem Ferkelhof Wilhelm verbringen. Es bleibt zu hoffen, dass eine so gut gemanagte Tierhaltung für viele junge Leute ein Vorbild ist und sich Tierhaltung auch in Zukunft in Deutschland noch halten kann.

Autorin: Gundula Jahn (FiBL Deutschland e.V.)