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Hühner mobil mästen

Tierwohl in Mobilställen beachten

Überall sieht man mittlerweile Legehennen in Mobilställen, aber auch bei der Hühnermast ziehen immer mehr Landwirte die Haltung in Mobilställen in Betracht. Doch was gilt es bei der mobilen Mast hinsichtlich des Tierwohls zu beachten? Mit dieser Frage hat sich das Modell- und Demonstrationsvorhaben Tierschutz „Hühnermast im Mobilstall“ beschäftigt. Die Erkenntnisse aus diesem Projekt wie auch die Praxiserfahrungen einer Tierhalterin wurden in einem Seminar des Netzwerks Fokus Tierwohl vorgestellt.

Vor allem Neueinsteigern in die mobile Hühnermast empfiehlt Sandra Kronenberg von der Fachhochschule Südwestfalen Zukauftiere im Alter von 3-4 Wochen in den Mobilstall einzustallen. Die mobile Mast funktioniert am besten mit langsam wachsenden Genetiken, Zweinutzungshühnern oder Rassegeflügel. Schnell wachsende Tiere sind hingegen eher schlecht für die mobile Mast geeignet, da sie erfahrungsgemäß zu immobil sind und zusätzlich in Hinblick auf die Tiergesundheit anfälliger gegenüber Wetterwechseln sind.

Damit der Auslauf auch von den Masthühnern genutzt wird, sollte der mobile Stall möglichst ebenerdig sein. Denn Rampen nutzen die Tiere eher ungern. Außerdem ist zu beachten, dass die Auslaufluken eine gewisse Breite haben. Ist die Luke zu schmal, stauen sich die Masthühner beim Rein- oder Rausgehen. Zudem haben Beobachtungen im Projekt gezeigt, dass bei großen Luken das morgendliche Öffnen der Klappen besser durch die Masthühner wahrgenommen wird.

Auslaufgestaltung

Die Datenerhebungen zur Auslaufnutzung im Projekt haben gezeigt, dass die Ausläufe vor allem in den Morgen- und Abendstunden genutzt werden. Besonders gerne halten sich Masthühner an heißen Tagen im Schatten auf. Daher sollte bei der Auslaufgestaltung darauf geachtet werden, dass genügend Schattenmöglichkeiten vorhanden sind. Bei schattenspendenden Bäumen ist jedoch zu bedenken, dass diese auch Greifvögeln einen guten Sitzplatz bieten können. Ein weiteres Element, das im Auslauf nicht fehlen sollte, sind Sandbäder. Hier können entweder künstliche Sandbäder angeboten werden oder der Boden des Auslaufs sollte so beschaffen sein, dass sich die Tiere eigene Sandbäder anlegen können.

Tierbeurteilung

Im Zuge des Projektes wurden die Tiere auch bonitiert. Erfasst wurden hier:

  • Verletzungen am Körper,
  • Verschmutzungen,
  • Fußballengesundheit,
  • Gefiederveränderungen,
  • der Zustand des Brustgefieders
  • Brustblasen und Brustbeinveränderungen

Die Erhebungen haben gezeigt, dass Veränderungen an den Fußballen und Verschmutzungen auch in der mobilen Hühnermast ein Problem darstellen können. Die Stärke der Veränderungen wird von vielen Faktoren, wie der Aufzucht, dem Stalltyp und dem Einstreumanagement beeinflusst. Vor allem bei der Fußballengesundheit kann jedoch durch gutes Management auch im Verlauf des Durchganges noch eine Verbesserung erzielt werden, berichtet die Expertin. Um Federpicken und Kannibalismus entgegenzuwirken, raten beide Referentinnen, Luftfeuchte und -temperatur im Blick zu behalten. Besonders die Umstallung ist für die Tiere ein Stressfaktor, der das Auftreten von Federpicken und Kannibalismus begünstigen kann. Hier hilft es, Aufzucht- und Mastfutter zu verschneiden. Außerdem rät die Praktikerin Anne Körkel Maissilage zu füttern. Zudem sei es aus Erfahrung sinnvoll, in den ersten Tagen nach der Einstallung die Lichtintensität im Stall nicht zu hoch zu wählen und die Tiere bei den ersten Anzeichen der Verhaltensstörungen durch Beschäftigungsmaterial abzulenken.

Lüftung

Bei der Lüftung ist festzuhalten, dass die Luftfeuchtigkeit im Herbst und Winter im Mobilstall oft zu hoch ist, was schnell zu einer feuchten Einstreu und schlechter Luftqualität aufgrund von Schadgasen führt. Zudem sind die Temperaturen im Sommer häufig zu hoch. Dementsprechend sollte bei Mobilställen sowohl im Sommer als auch im Winter auf einen ausreichenden Luftaustausch geachtet werden. Sollten die Temperaturen im Sommer stark steigen, hilft es, den Mobilstall vorzeitig in den Schatten zu stellen oder den Stall von außen durch Besprühen mit Wasser zu kühlen.

Erfahrungen aus der Praxis

Anne Körkel ist selbst begeisterte Mobilstallmästerin. Sie vermarktet ihre Tiere seit 2015 unter dem Namen Annes(h)nauer und berichtet von ihren Erfahrungen mit der Mast und der Vermarktung von mobil gehaltenen Masthühnern. Sie hält selbst die Genetik Ranger Classic. Diese werden mit 10-11 Wochen und einem Gewicht von ca. 2,3 kg geschlachtet. Dementsprechend kommt die Landwirtin hier auf 6 Durchgänge pro Jahr. Gehalten werden die Tiere auf einer Streuobstwiese, welche im Sommer ausreichend Schatten bietet. Um einen zu starken Nährstoffeintrag in den Boden zu vermeiden, werden die Mobilställe nach jedem Durchgang verzogen. Die Fläche, wo Stall und Auslauf waren, wird anschließend gefräst, nachgesät und für ein Jahr leer gelassen. So können sich Grasnarbe und Boden erholen. Außerdem ist der Auslauf in Parzellen unterteilt, um die Tiere bereits während des Durchgangs gut auf der zur Verfügung stehenden Fläche zu verteilen. Das Futter mischt Anne Körkel selbst, wobei sie Wert darauf legt, dass die Körner nicht geschrotet werden, sondern lediglich gebrochen. Denn andernfalls ist das Futter zu fein für die Hühner.

Vermarktung

Über ihre Vermarktung sagt Anne Körkel selbst: „Ich habe die verbraucherunfreundlichste Vermarktung, die ich kenne“, und trotzdem hat sie eine starke Kundenbindung und -zufriedenheit. Vermarktet wird bei Körkel nur direkt vom Hof. Nach jedem Durchgang werden die Masthühner in einem Schlachtmobil direkt am Hof geschlachtet. Die Zerlegung und Verpackung übernimmt Körkel selbst. Verkauft wird immer frisch nach der Schlachtung für jeweils 1,5 Tage. Das bedeutet, dass die Kunden ihre vorbestellten Tiere auch nur gekühlt und nicht tiefgefroren bekommen. Die Vorbestellung geschieht über ein Online-Formular auf ihrer Webseite, oder über Whatsapp. Insgesamt vermarktet die Praktikerin 87 % ihrer Masthühner direkt und nur 13 % der geschlachteten Tiere werden an Wiederverkäufer abgegeben. Ihren Kunden wird aber nicht nur der fertige Schlachtkörper verkauft, denn Anne Körkel setzt auf Kundennähe und schickt ihren Kunden regelmäßig Newsletter zu aktuellen Themen aus dem Stall. Außerdem kann jeder Kunde bei ihr vorbeikommen und sich selbst ein Bild von der Haltung machen.

Allen Interessierten rät Anne Körkel, dass die mobile Mast nicht nebenbei geht. Denn die Tiere müssen gut im Auge behalten werden. Bei der Vermarktung sollte von Beginn an groß gedacht werden. Einfache Systeme mit verschiedensten Excel-Tabellen kosten zu viel Zeit, daher setzt Körkel hier auf ein CRM-System (Customer-Relationship-Management). So kann sie beispielsweise direkt sehen, wie viele Tiere bereits verkauft sind. Außerdem sollte die Arbeitszeit genau erfasst werden, damit Verbesserungspotentiale aufgedeckt werden können. Auch die Infrastruktur für den Stall sollte bei der Planung nicht vernachlässigt werden. Wasser und Strom kommt bei Körkel auch im Mobilstall aus der Leitung. Die Landwirtin hat alle 30 m einen Strom- und Wasseranschluss in die Wiese verlegt. Somit hat sie weder im Sommer noch im Winter Probleme mit der Versorgung ihrer Tiere.

Autorin: Regine Revermann, Landwirtschaftskammer Niedersachsen