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Masthühner eine Etage höher

MuD-Projekte stellen vorläufige Ergebnisse zur tierwohlorientierten Stallstrukturierung vor

Eine Möglichkeit für eine tierwohlorientierte Stallstrukturierung bietet der Einsatz von erhöhten Ebenen im Masthühnerstall. Mit diesem Thema beschäftigten sich die beiden Modell- und Demonstrationsvorhaben (MuD) „Strukturierung und angepasste Fütterung im Masthühnerstall: Optionen für eine verhaltensgerechte und umweltschonende Tierhaltung (MaVeTi)“ und „Verbesserung des Tierschutzes in Modell- und Demonstrationsbetrieben in der Masthühnerhaltung“. Die beiden vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft geförderten Projekte stehen mittlerweile kurz vor erfolgreichem Projektabschluss. In Zusammenarbeit mit Netzwerk Fokus Tierwohl stellten die zwei Projekte ihre Ergebnisse und Erkenntnisse im Zusammenhang mit den erhöhten Ebenen in einer Online-Veranstaltung vor.

Unterschiedliche Ansätze

Das Projekt MaVeTi wird von der Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover (TiHo Hannover) in Zusammenarbeit mit der Landwirtschaftskammer Niedersachsen (LWK Niedersachsen) betreut. Die Kernelemente des Projekts waren die nährstoffreduzierte Fütterung, die Stallstrukturierung und auch die geschlechtergetrennte Mast. Für die Strukturierung wurden Ebenen mit perforierter Oberfläche und einem Kotband in die Ställe der teilnehmenden MuD-Betriebe verbaut. Diese sollten als Ruhe- und Rückzugsmöglichkeit dienen, die Besatzdichte durch die zusätzliche Fläche entzerren und durch Abfuhr der Exkremente mittels Kotband zu einer Verbesserung des Stallklimas führen. Das von der Ludwig-Maximilians-Universität München (LMU München) und der Universität Rostock begleitete Projekt beinhaltete ebenfalls den Einsatz von erhöhten Ebenen. Hier wurden jedoch Ebenen mit einer geschlossenen Oberfläche eingesetzt. Darüber hinaus war u.a. die Optimierung des Stallklimas anhand von einer Schadgassensoren-gesteuerten Lüftung Bestandteil des Projekts.

 

 

Nutzung der erhöhten Ebenen - auch geschlechtsspezifische Unterschiede

Franziska May, TiHo Hannover, und Johanna Müsse, LWK Niedersachsen, stellten ihre Ergebnisse zur Nutzung der erhöhten Ebenen durch die Tiere aus dem MaVeTi-Projekt vor. Sowohl die Fläche auf der Ebene als auch unter der Ebene wurde von den Tieren bereits zu Beginn der Mast gut genutzt. Aber auch gegen Mitte der Mast und Mastende, als die Tiere bereits ein höheres Lebendgewicht aufwiesen, wurde die Ebene gut angenommen. Ein interessanter Aspekt dabei war, dass die weiblichen Tiere ab der zweiten Mastwoche die zusätzlich angebotene Fläche intensiver nutzten als die Hähne. Tagsüber bzw. während der Lichtphase wurde die erhöhte Ebene von mehr Tieren aufgesucht als in der Dunkelphase. Birgit Schiller, Mitarbeiterin der LMU München, konnte für ihr Projekt festhalten, dass die Tiere in den Ställen mit erhöhten Ebenen mehr Komfortverhalten wie Gefiederpflege und Staubbaden zeigten als im Stall ohne zusätzliche Ebene. Für die eigentliche Nutzung der erhöhten Ebenen scheinen aber auch die Bauweise und Anzahl an Rampen eine wichtige Rolle zu spielen. Die Rampen sollten nicht zu steil sein und eine geeignete Oberfläche aufweisen. Absprünge oder Abstürze von den erhöhten Ebenen wurden nur selten festgestellt.

Keine negativen Auswirkungen auf die Tiergesundheit

In beiden Projekten wurden Tiergesundheitsparameter wie Verschmutzungen, Fußballenveränderungen und Fersenhöckerläsionen erfasst. Michelle Tillmanns, TiHo Hannover, stellte Daten aus fünf Durchgängen pro Betrieb vor. Bewertet wurden 50 Tiere je Stall an drei Terminen im Durchgang (Anfang, Mitte, Ende). Die Auswertung ergab, dass Verschmutzungen und Verletzungen der Tiere eher vom zeitlichen Verlauf der Mast abhängen als vom Vorhandensein einer erhöhten
Ebene. Auch Veränderungen an Fußballen und Fersenhöckern waren vornehmlich abhängig vom betriebsindividuellen Management und es konnten zwischen den Kontrollställen und den Ställen mit verbauter Ebene keine signifikanten Unterschiede festgestellt werden.

Jan Heck von der LMU München stellte Ergebnisse der Tierbonitur vor, die im Projekt von LMU München und Universität Rostock erhoben wurden. Hierbei lag der Fokus jedoch auf allgemeinen Tiergesundheitsdaten, die unabhängig vom Einsatz der erhöhten Ebenen waren. Auffällig war, dass es einen jahreszeitlichen Unterschied für die Merkmale gab, der von Betrieb zu Betrieb variierte. Hier spielten häufig Managementfaktoren auf den Betrieben eine Rolle. Darüber hinaus besitzen weibliche und männliche Tiere ein unterschiedlich hohes Risiko, Fersenhöcker- oder Fußballenveränderungen auszubilden. Hähne erkranken häufiger als Hennen. Im Vergleich zu weiblichen Tieren haben sie ein höheres Gewicht sowie einen tendenziell leicht höheren Gait-Score (hoher Gait-Score = verminderte Lauffähigkeit des Tieres).

Reinigung und Desinfektion zeitaufwendig

Ein wesentlicher Aspekt, der auch den Erfolg des Einsatzes von erhöhten Ebenen im Stall beeinflusst, ist die Möglichkeit zur Reinigung und Desinfektion. Hierzu präsentierte Dr. Birgit Spindler von der TiHo Hannover die Ergebnisse der mikrobiologischen Untersuchungen aus dem Projekt MaVeTi. Mit Hilfe von sterilen Schwämmen wurden Proben von Stallboden, perforiertem Boden und dem Gestell der Ebene jeweils vor und nach der Nassreinigung sowie nach der Desinfektion genommen und im Labor analysiert. Auf den drei untersuchten Betrieben konnte nach abschließender Desinfektion eine ausreichende Reduktion der Gesamtkeimzahl erreicht werden. Die beprobten Bereiche der erhöhten Ebene waren im Vergleich zum Stallboden deutlich weniger belastet. Allerdings geht die Reinigung der perforierten Ebene mit Kotband durch eine Person mit einem erhöhten Zeitaufwand von etwa 14 Stunden einher. Hier müssten langfristig Lösungen für eine schnellere, aber gründliche Reinigung gefunden werden, um den Einsatz der erhöhten Ebenen auch arbeitswirtschaftlich betreiben zu können.

Erhöhte Ebenen und Stallklima

Im MaVeTi-Projekt sollte geprüft werden, ob eine regelmäßige Entmistung des Kotbandes zu einer Verringerung der Ammoniak-Belastung im Stall führt. Es wurde sowohl das Klima im Stall als auch unterhalb der Ebene durch spezielle Klimasensoren erfasst. Johanna Müsse stellte die Ergebnisse der kontinuierlichen Messung von Ammoniak (NH3), Kohlenstoffdioxid (CO2), Temperatur und relativer Luftfeuchtigkeit während des Mastverlaufs vor. Es konnte keine deutliche Absenkung des NH3-Gehalts in der Stallluft durch die Kotbandentmistung festgestellt werden. Im Vergleich des Klimas unter der Ebene mit der Stallmitte konnte kein Hinweis auf eine Ansammlung von Schadgasen oder einen generellen Hitzestau gefunden werden. Lediglich an heißen Sommertagen wurde eine Temperaturerhöhung um ca. 2 °C unter der Ebene am Nachmittag gemessen. Bei den Projektbetrieben konnten keine negativen Auswirkungen auf die Tiere beobachtet werden. An sehr warmen Tagen (über 30 °C Außentemperatur) sollte die Tierkontrolle, insbesondere unter der Ebene, jedoch besonders intensiv erfolgen. Die Stallklimamessungen, die im Projekt der LMU München und Universität Rostock durchgeführt wurden, bestätigten die Ergebnisse aus dem Projekt MaVeTi. Auch hier konnten Messungen auf und unter der Ebene im Vergleich zum übrigen Stall keine nennenswerten Unterschiede für die einzelnen Parameter (u.a. Temperatur, relative Luftfeuchtigkeit, CO2 und NH3) hervorbringen.

Beide Projekte zogen ein positives Gesamtfazit in Hinblick auf den Einsatz und die Nutzung von erhöhten Ebenen bei Masthühnern. Bei passender Gestaltung der Oberfläche und der Rampen sind sie sowohl für Küken als auch ältere Tiere attraktiv und bieten eine gute Ruhe- und Rückzugsmöglichkeit. Auch in Bezug auf Tiergesundheitsparameter sind keine negativen Auswirkungen durch ihren Einsatz zu erwarten. Der Aufwand für die Tierkontrolle, besonders unter der Ebene, kann jedoch zunehmen. Ein weiterer wesentlicher Faktor ist der erhöhte Zeitaufwand für Reinigung und Desinfektion.

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