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Verfahrensintegrierte Maßnahmen

Für die Emissionsminderung von Haltungen mit Flüssigmistverfahren gibt es verschiedene verfahrensintegrierte Möglichkeiten. Diese dienen dazu, die durch den Flüssigmist entstehenden Emissionen zu reduzieren, da bei der Vermischung von Kot und Harn tier- und umweltschädliches Ammoniak entsteht. Weiterhin entweicht bei hohen Temperaturen mehr Ammoniak als bei niedrigen Temperaturen, weshalb das Stallklima ebenfalls berücksichtigt werden muss.1 Eine gut strukturierte Bucht dient bereits grundlegend dazu, dass die Tiere einen Kotbereich anlegen und die Bucht sauber halten, wodurch emittierende Flächen vermindert werden. Weiterhin gibt es Verfahren wie die Trennung von Kot und Harn, die Verminderung der Gülleoberfläche sowie die Güllekühlung oder -ansäuerung, auf die in den folgenden Abschnitten im Detail eingegangen wird. Alle verfahrensintegrierten Maßnahmen, die auch die Schadgaskonzentration im Stall mindern, wirken sich positiv auf das Stallklima, das Tierwohl und den Arbeitsschutz aus.

Mehrere Verfahren sind förderfähig:

Weitere Informationen zu den förderfähigen Verfahren 

Güllekühlung

Da bei geringeren Temperaturen weniger Ammoniak (NH3) freigesetzt wird als bei hohen, kann die Güllekühlung eine Maßnahme für die Emissionsminderung und folglich den Umweltschutz sein. Denn bereits ab Temperaturen von 15 °C steigen die Umwandlung von Harnstoff in Ammonium und die Freisetzung von Ammoniak stark an. Ein weiterer Vorteil der Kühlung ist die Geruchsminderung, die in Folge der verminderten Aktivität der Mikroorganismen erfolgt.17 Die Kühlung der Gülle kann durch einbetonierte Leitungen im Boden durchgeführt werden oder auch in Form von Schwimmkühlkörpern (Abbildung 2 & 3) auf der Gülleoberfläche.17 Die Schwimmkühlkörper sind dabei effizienter, da sie die Gülle direkt an der emittierenden Oberfläche kühlen. Die Kühlrippen sind flexibel an verschiedene Kanalgrößen anpassbar. In eingestreuten Ställen mit Spaltenboden, die Einstreu als Grobfutter und/oder Beschäftigungsmaterial einsetzen oder aber auch in Ställen mit eingestreuten Liegeflächen bei Teilspaltenboden, sollte der Einsatz von Kühlrippen vermieden werden.17 Falls dies nicht möglich ist, sollten die Rippen in Fließrichtung der Gülle angebracht werden. Beim Ablassen der Gülle können sonst rohfaserreiches Futter und organisches Beschäftigungsmaterial an den Rippen haften bleiben.
Die Schwimmkörper befinden sich idealerweise minimal unterhalb der Gülleoberfläche und sind komplett mit Gülle bedeckt. Sie müssen korrosionsbeständig und stabil gegen Säuren in der Gülle sein. Notwendig ist eine automatische Erkennung für Schäden in den Leitungen, um einen übermäßigen Austritt von Wasser in das Güllesystem zu vermeiden.17 Die Temperatur der ungekühlten Gülle ist abhängig von der Temperatur im Abteil der Tiere. Durchströmendes Wasser in den Leitungen kühlt die Gülle ab, wobei eine Zieltemperatur der Gülle von 10 - 15 °C empfohlen wird. 10 °C sind jedoch mit einem nicht vertretbaren Energieaufwand verbunden und können von einigen erwerbbaren Anlagen nicht gehalten werden. Die Temperatur der ungekühlten Gülle ist dabei auch abhängig von der Temperatur im Abteil der Tiere, d.h. für Gülle im Außenklimabereich eines Stalles ist ein entsprechend geringerer Energieaufwand zu erwarten. In der TA Luft ist für die Güllekühlung unter (dauerhaft) 10 °C eine NH3-Reduktion von 50 % für die Kühlrippen angegeben.   
Die einbetonierten Leitungen befinden sich ca. 10 - 12 cm tief im Betonboden des Güllekanals. Der Abstand der ca. 25 mm Durchmesser großen Leitungen zueinander beträgt ca. 35 - 40 cm. Dabei sollte der Güllekanal nicht tiefer als 40 cm sein.17 Die Leitungen im Boden bedingen ggf. ein häufigeres Entleeren des Güllekanals, um einen ausreichenden Kühleffekt zu erzielen. Eine NH3-Reduktion von 40 % ist in der TA Luft für die Kühlleitungen angegeben, wenn die Gülle (dauerhaft) unter 10 °C gekühlt wird.
Die Nachrüstung dieses Systems ist bei Altbauten primär in Form der schwimmenden Kühlrippen empfehlenswert. Bei den im Boden der Kanäle verlegten Rippen muss abgewogen werden, ob sich der Aufwand lohnt oder ein anderes System zur Emissionsminderung verhältnismäßiger ist. Grundsätzlich ist die Güllekühlung im Stall nur sinnvoll, wenn die Wärme mittels einer Wärmepumpe in anderen Stallbereichen genutzt werden kann (z. B. Abferkelbereich / Ferkelaufzucht). Diese Maßnahme ist für alle Bereiche der Schweinehaltung geeignet.
Derzeit finden im Rahmen des Projektes „EmiMin“ Versuche zur Güllekühlung statt.

Güllekühlung und Güllekanalverkleinerung für Mastschweineställe

Video aus dem Verbundvorhaben Emissionsminderung Nutztierhaltung (EmiMin)

Kot-Harn-Trennung

Kommt das Enzym Urease aus dem Kot mit dem Harnstoff aus dem Harn in Kontakt, entsteht bereits nach 0,5 - 1 Stunde Ammoniak.1 Das Ziel der Kot-Harn-Trennung,einer baulich-technischen Maßnahme zur Emissionsminderung, ist somit die unmittelbare Trennung von Kot und Harn sowie die getrennte Lagerung dieser Exkremente.1 Die Kot-Harn-Trennung ist für voll- und teilperforierte Spaltenböden für den Innen- und Außenbereich geeignet.17
Es gibt drei Verfahren, die unterschiedlich weit erprobt und im Einsatz sind: Unterflurschieber unter den Spalten und Ober- oder Unterflur-Kotbänder mit Kot-Harn-Trennung.

Beim Unterflurschieber (Abbildung 4-6) befindet sich unter den Spalten ein V-förmiger Güllekanal mit einer Kanalsohle mit einem Gefälle von 5 - 10 %1 und einer mittig liegenden Harnrinne. Ein über die Seilzugtechnik angetriebener V-förmiger Unterflurschieber dient dazu, den durch die Spalten getretenen Kot in einen (idealerweise) getrennten Schacht wegzuschieben. Je nach Tiergröße muss täglich mehrmals (bis zu 12 x) geschoben werden. Aufgrund des Gefälles fließt der Urin über die Harnrinne ab, um im Idealfall getrennt vom Kot gelagert und auch verwertet werden zu können. Das Längsgefälle sollte 1 % betragen, damit der Harn bereits von allein abfließen kann. Für die Harnrinne empfiehlt sich eine Schlitzbreite von 0,5 cm und ein Durchmesser von ca. 15 cm.17 Der Schieber sollte auch die Harnrinne entleeren.1 Ergänzt werden können dreidimensionale Strukturspaltenböden, die eine weitergehende Emissionsminderung bewirken könnten.18

Unterflur-Kotbänder haben ebenfalls einen V-förmigen Güllekanalboden mit einem Kotband. Über den Spaltenboden gelangen Kot und Urin auf das unter den Spalten angebrachte Kotband. Auch bei dem Kotband empfiehlt sich ein Gefälle von ca. 4 Grad in Richtung Kanalmitte, damit der Harn getrennt abfließen kann. Das Kotband läuft mehrmals täglich.

Oberflur-Kotbänder (Abbildung 7 & 8) leiten den Kot über das Band in einen unter dem Boden liegenden Kanal, auf dem sich ein Schieber befindet. Unmittelbar unter dem perforierten Kotband befindet sich eine Harnwanne, die den Harn sammelt. Das Spülen der Wanne ist zweimal täglich mit Wasser erforderlich, um feste Partikel wie Heu oder Stroh zu entfernen. Das Band sollte mehrmals täglich laufen. Forschungsergebnisse zur Ammoniakreduktion sind zum Oberflur-Kotband noch nicht vorhanden.

Über die Kot-Harn-Trennung sind Reduktionen des Ammoniaks um 40 bis 50 % möglich.17 Ein weiterer Vorteil ist die Minderung von Gerüchen und Schwefelwasserstoff.1 Die Kot-Harn-Trennung zählt zu den besten verfügbaren Techniken gemäß BVT-Schlussfolgerungen, ist aber noch nicht im Anhang 11 der TA Luft enthalten. Das Projekt „EmiMin“ forscht derzeit an dieser Maßnahme, noch sind jedoch keine abschließenden Ergebnisse zu Minderungspotenzialen vorhanden.

Unterflurschieber mit Kot-Harn-Trennung für Mastschweineställe

Video aus dem Verbundvorhaben Emissionsminderung Nutztierhaltung (EmiMin)

Verkleinerung des Güllekanals

Durch den Einbau geneigter Seitenwände oder von Güllewannen können das Volumen des Güllekanals und somit die im Stall gelagerte Güllemenge, die Oberfläche der Gülle und folgend die emittierende Fläche reduziert werden. Dadurch können Ammoniakemissionen aus dem Stall reduziert werden. Es gibt zwei Varianten: einmal Güllewannen, die nachträglich in Ställen eingebaut werden können und die geneigten Seitenwände, die baulich am Güllekanal angepasst werden müssen. Die Nachrüstung der Güllekanalverkleinerung ist daher im Allgemeinen aufwendig, wobei Güllewannen (Abbildung 9 & 10) mit geringerem Aufwand passgenau für den jeweiligen Betrieb vom Hersteller produziert werden. Der Unterboden der Wannen ist schräg, sodass sich die Exkremente an der niedrigsten Stelle der Wanne sammeln. Die geneigten Seitenwände des Güllekanals sowie die der Wannen sollten glatt sein, damit Kot und Harn unmittelbar abfließen und nicht an den Wänden haften. Dies würde die emittierende Oberfläche wieder vergrößern.17Das Sauberhalten und eventuelle Spülen der Seitenwände kann daher notwendig sein und bedingt in dem Fall einen Mehraufwand.

Es empfiehlt sich eine planbefestigte Fläche im Stall von mindestens 30 %, um die Gülleoberfläche im Stall zu verringern sowie ein Neigungswinkel der Kanäle zwischen 45 - 60 Grad. Verkleinerte Güllekanäle sollten mindestens zweimal wöchentlich entleert werden und zusätzlich mit einem Überlauf ausgestattet sein. Die Entleerung findet über ein Kunststoffrohr am Kanalboden statt.17 Vor der Neubelegung sollten die Kanalböden mit ca. 10 cm Wasser befüllt werden, um das Anhaften und Antrocknen von geringen Kotmengen zu vermeiden.17 Die mit Gülle gefüllten Wannen sollten bei einer Füllhöhe von ca. 12 cm abgelassen werden. Aufgrund der verminderten Lagerkapazitäten ist in der Regel immer eine Außenlagerung der Gülle notwendig.

Die Güllekanalverkleinerung kann bei voll- und teilperforierten Böden realisiert werden, jedoch ist die Emissionswirkung bei teilperforierten Böden höher. Grundvoraussetzung zur Erzielung der erwünschten Emissionsminderung ist die Sauberkeit von Tier und Bucht. Die Schweine müssen den Kotbereich annehmen, damit die umliegenden Oberflächen sowie die Tiere selbst sauber bleiben. Dies ist im gesamten Jahresverlauf erforderlich. Häufig wird vergessen, dass verschmutzte Flächen und Tiere für einen hohen Anteil der im Stall entstandenen Emissionen mitverantwortlich sind. Zur Buchtenstrukturierung, damit die verschiedenen Funktionsbereiche eingehalten werden, kann man sich verschiedener Empfehlungen bedienen: beispielsweise Kontaktgitter zwischen den Buchten und eine Befeuchtung des Kotbereichs, eine durchdachte Positionierung der Tränken und Fütterung, eine Temperierung der Liegeflächen sowie die Gestaltung bzw. Einstellung der Lüftung. Mehr Informationen zur Buchtenstrukturierung können einem Artikel der AG „Buchtenstruktur“ entnommen werden.
Teil- und Vollspaltenböden in Kombination mit geneigten Seitenwänden im Kanal können NH3-Emissionen nach der TA Luft um bis zu 50 % reduzieren. Auch diese Maßnahme ist als BVT eingestuft und entspricht dem aktuellen Stand der Technik nach der TA Luft (2021).

Ammoniak-Emissionsminderung – Güllekühlung und Güllekanalverkleinerung für Mastschweineställe

Video aus dem Verbundvorhaben Emissionsminderung Nutztierhaltung (EmiMin)

Ansäuerung der Gülle

Die Ansäuerung der Gülle im Stall ist in Dänemark bereits ein etabliertes Verfahren, durch das die Ammoniakausgasung sowie Methan- und Kohlenstoffdioxid-Emissionen in der Tierhaltung reduziert werden können. Durch eine Verschiebung des Ammonium-Ammoniak-Gleichgewichts in der Gülle wird der Anteil des Ammoniaks reduziert, welches ansonsten gasförmig in die Umwelt gelangen würde. Unterschieden wird in drei verschiedene Verfahren: die Ansäuerung der Gülle im Stall, im Lager oder während der Ausbringung. Die Emissionsminderung durch die Ansäuerung der Gülle kann im Stall bis zu 40 % betragen.19 Zur Ansäuerung wird ein Teil der Gülle aus dem Güllekanal in einen externen Prozessbehälter gepumpt. Dort erfolgt eine automatische pH-Wert-Messung. Im Anschluss wird in Abhängigkeit des pH-Wertes Säure in die Gülle eindosiert. Nach dem Ansäuerungsprozess kann die frisch angesäuerte Gülle entweder zurück in den Güllekeller gepumpt oder außerhalb des Stalles gelagert werden. Der pH-Wert wird durch die automatische Hinzugabe von Schwefelsäure von 6,0 auf 5,5 reduziert. Da sich der pH-Wert der Gülle ohne die kontinuierliche Zugabe von Säuren wieder erhöht, ist die tägliche bis mehrmals wöchentliche Zugabe von Säuren notwendig.20 Der Verbrauch dieser Säuren liegt bei Schweinegülle zur Erhaltung des geringen pH-Wertes bei ca. 15 - 17 kg je m³ Flüssigmist.19,20 Bei der notwendigen Säuremenge ist auf die Einheit zu achten. 9 Liter 96 %ige Schwefelsäure entsprechen umgerechnet einer Menge von ca. 17 kg, die zur stallinternen Flüssigmistansäuerung je Kubikmeter Gülle erforderlich sind.19 Beachtet werden muss, dass durch die Ansäuerung Schaum entsteht, weshalb es erforderlich ist, die Gülle gleichzeitig zu belüften.20 Durch die Ansäuerung können die Ammoniakemissionen um bis zu 40 % und die Methanemissionen um bis zu 67 % im Gegensatz zu nicht angesäuerter Gülle reduziert werden.19Dieses Verfahren ist insbesondere für Neubauten geeignet, da ein hoher baulicher Aufwand erforderlich ist, aber auch bei Bestandsbauten ist die Nachrüstung der Flüssigmistansäuerung möglich.19 Ein positiver Effekt durch die Ansäuerung der Gülle ist mehr bodenverfügbarer Stickstoff.
Die Gülleansäuerung ist in Dänemark etabliert, wurde aber aufgrund der schwierigen Rechtssituation in Deutschland erst auf einem Milchviehbetrieb eingesetzt. Für den praxistauglichen Einsatz dieses Verfahrens ist die Änderung der Verordnung über Anlagen zum Umgang mit wassergefährdenden Stoffen (AwSV) erforderlich, sodass in JGS-Anlagen der angesäuerte Flüssigmist gelagert werden darf. Auf die Änderung wird derzeit gewartet.

Das Umweltbundesamt hat ein detailliertes Gutachten zur Flüssigmistansäuerung verfasst. Weiterhin sind Forschungsergebnisse des Projektes „SAFT“ vorhanden, welches sich mit der „Entwicklung einer Nachrüstlösung zur Säure-Applikation in Flüssigmistkanälen von Tierställen“ beschäftigte. Abbildungen 11 - 13 zeigen die Technik sowie das Messen des pH-Wertes mittels einer pH-Sonde.
Die Ansäuerung ist als beste verfügbare Technik eingestuft. 

Weitere Informationen zum Projekt SAFT

Ureaseinhibitoren

Eine zukünftige Methode zur Emissionsminderung könnte der Einsatz von Ureaseinhibitoren (Abbildung 14 & 15) sein. Wenn Kot und Harn aufeinandertreffen, wird durch das Enzym Urease der Harnstoff zu NH3 umgewandelt. Der Ureaseinhibitor hemmt das Enzym Urease und reduziert so die Entstehung von NH3. Um die größtmögliche Senkung zu erreichen, sollte der Inhibitor täglich oberflur auf die Spalten oder unterflur in den Güllekanal gesprüht werden. Auswirkungen auf die Tiergesundheit oder auf Leistungsparameter sind nicht zu erwarten. Bei einer Verwendung im zwangsgelüfteten Stall auf dem Spaltenboden ist durch dieses Verfahren eine NH3-Reduktion von bis 21 % möglich,21 im Güllekeller bei freier Lüftung um bis zu 29 %.22 Im Rinderbereich wird eine Zulassung des Inhibitors für das Jahr 2023 angestrebt. Für die Anwendung im Schweinestall wird es noch etwas länger dauern, sie ist daher noch kein Stand der Technik. Im Rahmen des Projektes „EmiMin“ wird derzeit an der Universität Kiel an dieser Methode geforscht.

Ureaseinhibitor für Mastschweineställe

Video aus dem Verbundvorhaben Emissionsminderung Nutztierhaltung (EmiMin)